UK-EXPORTS: 5 WEITERE COMEDY-PERLEN

And now for something completely different... 

Die lange erwartete Fortsetzung unserer Rubrik UK Exports, die mit 5 geniale britische Comedyserien begann und zuletzt mit Die Inspiration der Monty Pythons ein kleines Spinoff erlebte. Der britische Humor ist nicht nur wunderbar, er brachte über die vergangenen Jahrzehnte auch unzählige Legenden hervor. Und wir reden nicht von den üblichen Verdächtigen wie Mr. Bean oder Little Britain. Hier wieder fünf Beispiel die hierzulande kaum bekannt sind, aber insgesamt Meilensteine der Fernsehunterhaltung waren...

1. Kenny Everett (1944 - 95)





Maurice James Christopher Cole alias Kenny Everett begann seine Karriere Mitte der 1960er als Radio disc jockey für einen Piratensender, ehe er zu Radio Luxembourg und zahlreiche andere Sender wechselte. In dieser Rolle fand er sich mit zahlreichen Stars auf Augenhöhe und setzte sich unter anderem dafür ein, das Stück Bohemian Rhapsody von The Queen salonfähig zu machen. Auch seine Talente als Comedian wurden schnell erkannt und ihm wurden eine Reihe schräger, surreal anmutender TV-Shows anvertraut,  in denen auf kreative Weise mit dem damaligen Spezialeffekten experimentiert wurde. Everett erregte stets Anstoß bei seinen Vorgesetzten, wie zum Beispiel der BBC. Man ließ ihn aber eine Menge durchgehen, da er stets prominente Gäste wie Cliff Richards, David Bowie u.a. im Gepäck hatte. Er outete sich Ende der 80er als homosexuell, was die Gerüchte anheizte er hätte etwas mit seinem langjährigen Freund Freddy Mercury gehabt - eine Behauptung die sich nie erhärtete. 1995 starb er an den Folgen einer Aids-Erkrankung. Sein enormer Einfluss auf die britische Popkultur ist aber auch heute noch zu spüren.



 



2. A Bit of Fry and Laurie (1989 – 95)





Hugh Laurie (der breiten Öffentlichkeit auch als Dr. House bekannt) und sein langjähriger Partner Stephen Fry begannen ihre Karriere in einer Zeit, als die Alternative Comedy wütete. Eine dem Punk verwandte Gegenbewegung zum verkopften Collegeboy-Humor der Pythons und den Wirren der Thatcher-Ära, wo das Publikum schon mal auf's Wüsteste beschimpft und mit Konventionen gebrochen wurde. Fry und Laurie waren natürlich mit von der Partie, wenn auch vergleichsweise zivilisierter unterwegs. An der Seite von Emma Thompson, Ben Elton, Robbie Coltrane (aka Hagrid) u.a. sollten sie einen ITV-Ableger für das erfolgreiche, von der BBC produzierte Satireformat Not the Nine O'Clock News mit Rowan Atkinson bilden. Das daraus resultierende Alfresco lief nur mässig, machte aber die BBC auf Fry, Laurie und Thompson aufmerksam, die ihnen eine eigene Show in Aussicht stellte. Das Trio produzierte daraufhin den Piloten für The Crystal Cube, eine Parodie auf die damaligen Wissenschaftsmagazine. Das Konzept floppte. Thompson zog wenig später nach Amerika, wo sie eine steile Karriere als Schauspielerin machte. Einige Jahre später gab die BBC Fry und Laurie eine zweite Chance und sie besannen sich auf eine klassische Sketchshow, die einen brillanten Balanceakt zwischen dem Pythonesken und der anarchen Energie der Alternative Comedy an den Tag legte, dabei niederschwellig und originell blieb. Mit A Bit of Fry and Laurie kam ihre Karriere erst so richtig in Schwung.



3. Absolutely Fabulous (1992 - 2012)





Weibliche Comedians von den britischen Inseln werden leider sträflich unterschätzt und finden in der breiten Öffentlichkeit nicht immer das Rampenlicht, das sie sehr wohl verdienen. Nennenswerte Beispiele sind die bereits erwähnte Emma Thompson und die wunderbare Tracey Ullman, die beide in die Staaten emigrierten. Die später ausgestrahlte Tracey Ullman Show erlangte übrigens Bekanntheit, weil in ihr eine kleine, aber feine Cartoonserie namens The Simpsons debütierte. Zu erwähnen seien auch Joyce Grenfell, Victoria Wood, Dawn French, Miranda Hart, Kathy Burke, Lorna Watson, Ingrid Oliver, Catherine Tate, Tamsin Greig und Michelle Gomez. Unter all diesen Talenten gab es aber ein unschlagbares Duo, dass nicht nur internationale Erfolge feierte, sondern auch das Frauenbild der Fernsehlandschaft für immer veränderte. Die Rede ist von Jennifer Saunders und Joanna Lumley mit ihrer legendären Sitcom Absolutely Fabulous, oder kurz: AbFab. Im Fokus stehen die kindsköpfige Unternehmerin Edina Monsoon und ihre lasterhafte Freundin Patsy Stone, die trotz ihres zunehmenden Alters versuchen immer noch einen extravaganten Lebenstil zu pflegen. Wobei auch sie an den täglichen Sorgen und Problemen nicht ungestraft vorbeikommen. Der Ton ist weniger elitär ladylike, wie man es bei den Briten vermuten würde, als ungewohnt derb und subversiv. Die Serie fand einen Ableger in Frankreich, eine amerikanische Version mit Carrie Fisher und Barbara Carrera schaffte es nicht in die Endphase. Allerdings verwandte Roseanne Barr, die für das Projekt verantwortlich zeichnen sollte, einige Ideen für die letzte Staffel ihrer eigenen Sitcom Roseanne. Absoluetely Fabulous inspirierte noch viele weitere Sitcoms mit fokussiert weiblichem Cast wie Cybill und High Society. 2016 kam ein Kinofilm zu Absolutely Fabulous heraus.



4. Goodness Gracious Me (1998 - 01 & 2014 - 15)





Die Briten haben auch multikulturell eine Menge zu bieten. Wie das vornehmlich mit Schotten und Walisern besetzte Sketchprogramm Absolutely. Die von Schwarzen und Asiaten präsentierte 90er Comedyshow The Real McCoy oder die Hitsitcom Citizen Khan mit Fokus auf eine britisch-pakistanische Familie. Ein großes Highlight ist die nach einem Evergreen von Peter Sellers und Sophia Loren benannte Sketchshow Goodness Gracious Me der britisch-indisch-pakistanischen Comedians Sanjeev Bhaskar, Kulvinder Ghir, Meera Syal und Nina Wadia. Sie setzte sich vornehmlich mit den Unterschieden und Konflikten zwischen den Kulturen auseinander und wechselten dabei desöfteren die Perspektiven. Auch wurden immer wieder die verschiedensten Parodien auf Machwerke der modernen Popkultur gemacht, wie The Six Million Rupee Man, The Delhi Tubbies und The Marriage Emporium (eine Parodie auf Monty Python's Cheese Shop- und Dead Parrot-Sketch).



5. Dare To Believe (2002 - 04)




Zu guter Letzt etwas aus der experimentierfreudigeren Ecke:
Dare To Believe war eine früh morgens auf ITV ausgestrahlte Sketchshow mit mehreren, wiederkehrenden, kurzweiligen Beiträgen die auf Konzepte des Surrealismus und Dadaismus aufbauen. Sie stammte aus der Feder von Tim de Jongh, Tim Firth und Michael Marshall Smith, die dem britischen Publikum auch aus der BBC Radio 4-Show And now in Colour (1990/91) bekannt sind. Eine Fundgrube für Freunde des schrägen Humors und Memes, wie dem Aguamoose Man, Departement of Environment Otter Survey und dem ewigen Mantra: "Fly like a mouse. Run like a cushion. Be the small bookcase."


#FEEDBACK

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EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.