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8 JAHRE BUREAU DU GRAND MOT


Am 19. Dezember 2012 wurde im Café Central in der Stadt Salzburg das Kunstkollektiv Bureau du Grand Mot gegründet. Zu den anwesenden Künstler*innen und Kulturschaffenden zählten Felicitas Biller, Marko Dinić, Sarah Eder, Stefan Findeisl, Josef Kirchner, Patricia Lang, Marlen Mairhofer, Andreas Neuhauser, Sarah Oswald, Manuel Riemelmoser, Werner Schlor und Peter Wetzelsberger.


Im Rahmen des Treffens wurde über die genaue Beschaffenheit des Kollektivs beraten und ein Selbstverständnis ausformuliert:




Das Bureau du Grand Mot (frz. Büro des großen Wortes) ist ein Kunstkollektiv, das sich neben eigenen Projekten auch um die Vernetzung, Förderung und Kommunikation junger KünstlerInnen bemüht. Der Begriff „jung“ steht dabei nicht für Alter und Reife, sondern für einen modernen und aufgeschlossenen Zeitgeist.


Standardisierte Strukturen werden bewusst vermieden, um eine offenere Vernetzung gewährleisten und bestehende Ressourcen gezielter auf kreative Prozesse richten zu können. Es gibt keine Mitgliederliste oder feste Hierarchien. Die jeweiligen Rollenverteilungen definieren sich innerhalb jedes Projekts neu. Persönliche Schwerpunkte und Kompetenzen ergänzen einander.


Wer oder was das Bureau du Grand Mot repräsentiert, unterliegt dem gegenseitigen Ein- und Selbstverständnis – unter Rücksichtnahme individueller Begriffe von Kunst und gegenwärtiger Vielfalt. Das Bureau du Grand Mot bezeichnet sich explizit nicht als Künstler- sondern als Kunstkollektiv, da es auch die Zusammenarbeit mit Personen und Gruppen hervorheben möchte, die sich nicht als KünstlerInnen verstehen, aber einen wesentlichen Beitrag zum Werk leisten: KulturvermittlerInnen, OrganisatorInnen, TechnikerInnen usf.




Vor allem der letzte Satz unterstrich den Anspruch des Kollektivs transdisziplinär arbeiten zu wollen, sprich: Über die Grenzen des Kunstbegriffs hinaus. Das Bureau sollte nicht die "neue junge Elite" der Mozartstadt werden, denn genau dieses Elitendenken hatte man schon im Vorfeld scharf kritisiert. Ende Mai 2012 war in den Salzburger Nachrichten bereits ein Artikel über die sich langsam formierende Gruppe erschienen, in dem sie Kritik am verstaubten, pragmatisierten Kulturbetrieb der Stadt Salzburg nahmen, was großes Aufsehen erregte. Was sie wollten war einfach: Mit vereinten Kräften Kunst schaffen und andere dabei unterstützen!




Die Ausgangssituation


2009 ging für die junge Literatur- und Kunstszene in Salzburg eine Ära zu Ende: Die Autorinnen und Autoren der eben noch umtriebige Literaturplattform Poetro widmete sich nunmehr anderen Dingen, zogen nach Wien oder Graz. Und auch die Freiraumbewegung - welche 2006 die Alte ARGE besetzt hatte und aus dem u.a. das Café Denkmal und das Sub hervorgingen - war letztendlich der politisch nachvollziehbareren Leerstandsthematik gewichen. Etwas Neues musste her! So begannen Stefan Findeisl alias Finn, Peter Wetzelsberger alias Peter.W. und Sarah Mercedes Julia Weiss ein wöchentliches Literatentreffen im Café Central: Die Mittwochsrunde.


Zudem wurden neue Lesereihen in Angriff genommen: Das von Finn initiierte so.what.wörtlich in Obergnigl mit meist lokalen Jungautor*innen und Musiker*innen, sowie das im Café Denkmal stattfindende Read this! von Peter.W., in dem fremde Schriftsteller*innen, ergänzt um ein entsprechendes Rahmenprogramm (Filmvorführungen, Konzerte, Essen etc) vorgestellt werden konnten. Die eigentlich für den sozialen Austausch und das gegenseitige Vorlesen von Texten gedachte Mittwochsrunde wurde durch den Erfolg ihrer Reihen immer häufiger auch zu einer Projektbesprechung und feuerte die anwesenden Gäste an ebenfalls neue Projekte zu entwickeln.


Zu diesen zählte auch der serbische Autor Marko Dinić, den Peter und Finn 2010 beim Wettbewerb Wir lesen uns die Münder wund kennengelernt hatten und der bereits eine eigene Lesereihe, Das goldene Vlies im Jetlag begonnen hatte. Marko erwies sich als talentierter Kulturnetzwerker, der viel Interesse und Engagement in die Runde brachte. Kurz darauf kehrte Manuel Riemelmoser, den Finn und Peter noch aus Poetro-Zeiten kannten, aus Graz zurück, schürte den Diskurs und führte mit Marko so etwas wie eine liebevolle Streitehe.


Die Mittwochsrunde wuchs und wuchs. Vor allem talentierte Autor*innen wie Patricia Lang, Sarah Eder, Marlen Mairhofer, Andreas Neuhauser und Werner Schlor schlossen sich der Gruppe nach und nach an. Marko holte seine damalige Mitbewohnerin Felicitas Biller mit in Boot, welche sich nicht nur stark für die Gruppe einsetzte, sondern später auch einige der weniger ernstgemeinten Projekte wie Isodance initiierte. Sowie Josef Kirchner und Sarah Oswald, zwei Studenten der Germanistik die gerade ihre Literaturzeitschrift mosaik begonnen hatten.






Facebook wurde zu einem wichtigen Tool für die junge Szene, um Veranstaltungen und Projekte kostengünstiger bewerben zu können. So wurde denn eine gemeinsame FB-Gruppe gegründet, welche für's Erste den provisorischen Titel „Junge Literatur für Salzburg“ erhielt. Leider bekam ausgerechnet in dem Moment die Lokalpresse Wind von der Sache und sprach sogar von einer offiziellen "Literaturplattform Junge Literatur für Salzburg". Dieses Missverständnis ging so weit, dass dank seines Verlags, selbst in Marko’s erstem Gedichtband namen.pfade die Rede davon war.


Das löste einen großen Streit aus zwischen jenen die wie bisher frei an gemeinsamen Projekten arbeiten wollten ohne sich zu institutionalisieren und denen die ohnehin einen Schritt weiter gehen, als ein Kollektiv auftreten wollten. Auf jeden Fall waren sich alle darüber einig, dass „Junge Literatur für Salzburg“ ein dummer Name war. Nicht alle in der Gruppe waren Literaten, geschweige denn aus Salzburg, und über "jung" ließ sich auch streiten!


Um die Sache zu klären wurde das bereits erwähnte Treffen im Café Central initiiert, in dem ein von Peter.W. geschriebener Entwurf für ein Selbstverständnis verlesen und überarbeitet wurde, der sich möglichst die Wünsche aller zu Herzen nahm. Als Name für das neue Kollektiv wurde Bureau du Grand Mot vorgeschlagen, nach einer Schreibwerkstätte die Finn und Peter bereits 2008 im Gebäude des Alten Musikums betrieben hatten. Ein kleiner Raum, für's große Wort - so die ironische Überlegung des Duos damals.



Das Bureau des großen Wortes


Schon an besagtem Abend im Café Central ließ Marko die Bombe platzen: Die Kulturabteilung der Stadt Salzburg zeigte sich interessiert die Projekte des Bureau's zu fördern. Vor allem die Lesereihen und die Zeitschrift mosaik sollten davon profitieren. Zudem sollte in der edition tandem eine erste Anthologie erscheinen. Die performative Präsentation von warten auf das große wort fand im Künstlerhaus Salzburg statt, mit dem das Kollektiv im weiteren Verlauf noch häufiger kollaborierte und dessen Förderatelier (Atelier du Bureau) sie zwischen 2014 - 16 nutzen durften.


Patricia Lang schrieb zwei Theaterstücke: Geh, schlecht's Theater (2013) und Scherzal - Ein Randstück (2015) das mit dem Bureau als Ensemble umgesetzt wurde. Manuel Riemelmoser startete die neue Lesereihe LiteraturLetscho, die sich lose an das Konzept des Read this! anlehnte. Marko's neue Reihe, die KulturKeule holte hervorragende junge Literaten von überall her in die Mozartstadt. Er und Peter produzierten einige Sound art performances in Zusammenarbeit mit experimentellen Tänzerinnen vom SEAD. Insgesamt brachte das Bureau einige hervorragende Performances auf die Bühne, wie berlin.HANUSCHPLATZ - als Kuratoren für das Berliner Lyrikkollektiv G13 beim Salzburger Literaturfest 2014 - oder Bureau ≠ Poetro, eine Kooperation zum 10ten Jubiläum der Literaturplattform Poetro, in Zusammenarbeit mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern. Erwähnenswert ist auch ihre Komplizenschaft mit dem Verein disposed, darunter die Veranstaltung DADA: C zum 100sten Jubiläum von DADA am 5. Februar 2016. Wie immer mit tatkräftiger Beteiligung verschiedenster Kollaborateure aus allen Sparten der Kunst. Diese Initiativen führten auch zur Gründung des transdisziplinären Interlab Festivals.


Medial ging auch einiges voran. Das mosaik gewann zunehmend an Bedeutung im deutschsprachigen Raum und ging dazu über eigene Bücher herauszubringen. 2014 startete das Bureau sein Netlabel Labor L'art, das es seinen Interpreten erlauben sollte möglichst die volle Kontrolle über ihr Werk zu behalten, was auch prozessorientiertes Arbeiten ermöglichen sollte. Quereinsteiger Leonhard Pill brachte 2015 eine Dokumentation zu Fragen über die EU, genannt Europe: Wimps? heraus. 




Peter hatte die später langjährigen Weggefährten Leonhard Pill, Julian Radam und Katharina Kapsamer 2013 während eines Konzerts mit ihrer Künstlerkombo the plipil (peace) collective in der Daimler's Bar gesehen und war von ihrer anarchen Performance begeistert. Die Betreiber hatten sie nach der zweiten Nummer einfach abgewürgt, weil sie mit ihrer schrägen Musik angeblich die Kundschaft vergraulten - es war allerdings schon 1 Uhr früh! Peter.W., der einen Schlüssel für das Studio der Radiofabrik besaß, lud die daraufhin zu einer spontanen Aufnahmesession ein, die bis in die frühen Morgenstunden lief. Aus diesem Erlebnis heraus gründete sich u.a. die Band Wir Getier.


Zwischen 2017 - 18 lief im Programm der Radiofabrik Salzburg das vorerst letzte größere Projekt des Bureau's:
Radio du Grand Mot - dazu hier mehr! Eine Collage mehrerer kleiner Beiträge von Teilen und alten Bekannten des Bureau du Grand Mot. Danach wurde es langsam still um das Kollektiv. Aber die Idee lebt weiter: Gemeinsam Großes zu schaffen, vor allem junge Künstler*innen zu fördern und die Kulturlandschaft aus ihrem verstaubten Pragmatismus zu reißen!



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