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WAS IST CIRCUIT BENDING?




Als professioneller Musikproduzent glaubt man oft sich das Beste vom Besten leisten zu müssen. Man schafft sich qualitativ hochwertige Instrumente und Software an, wühlt sich durch Berge an Information, lernt was auch immer es zu lernen gibt um den optimalen, einzigartigen Sound mit sattem Klang, saftigem Bass und knackigen Beats zu kreieren. Fiele einem da plötzlich ein altes Spielzeug-Keyboard in die Hände, das nur noch müde vor sich hin quäkt, käme man vermutlich nicht auf die Idee, etwas damit zu machen.


Vielleicht spielt man seinem Freund oder seiner Freundin mal ein Geburtstagsständchen darauf wenn man lustig ist, aber das war's schon! Nie käme man ernsthaft auf die Idee etwas damit zu machen, eine ernsthafte Nummer aufzunehmen und auch nur zu erwägen, dass damit ein Erfolg zu verbuchen ist. Und so verstaubt dieses alte Stück billiger Elektronik aus Taiwan im Schrank mit den alten Musikzeitschriften und Merch den schon vor 10 Jahren niemand haben wollte. Tatsache ist allerdings, dass in diesem "Spielzeug" noch großes Potenzial schlummert, wenn man weiß, wie man es ihm entlockt. Hier kommt Circuit Bending ins Spiel!





Viele moderne Spielzeuge für Kinder haben ein eigenes kleines Circuit Board eingebaut, mit einem Chip (oder mehr) der für das Produkt zugeschnittene Geräusche erzeugt. Beim Circuit Bending werden diese Elemente mittels geringer Spannung kurzgeschlossen, wodurch neue, einzigartige Klänge und Rhythmen erzeugt werden können. Circuit Bending ist keine exakte Wissenschaft! Das Ergebnis ist oft zufällig, unberechenbar, doch umso befriedigender wenn es einem gelingt etwas wirklich Außergewöhnliches zustande zu bringen.


Circuit Bending ist auch garnicht so teuer, etwas Werkzeug, Drähte und Lötzeug reichen schon aus. Es braucht aber vor allem drei Dinge: Zeit, Geduld und etwas technisches Verständnis. Die nötigen Materialien kann man sich bei eBay oder willhaben bestellen, auf Flohmärkten erstöbern oder aus dem Elektromüll fischen. Eine entsprechende Reinigung ist sicher nicht verkehrt! Aufschrauben, die Teile sorgfältig zur Seite legen und loslegen...


 



Das grundsätzliche Konzept geht auf den US-amerikanischen Autor, Musiker und experimentellen Instrumentebauer Reed Ghazala zurück, der schon in den 1960ern eher aus Zufall mit einem Spielzeug-Transistor-Verstärker ein seltsames Geräusch erzeugte, als er dieses aus Versehen an einem Metallteil seines Schreibtisches kurzschloss. Er experimentierte mit den neuen Möglichkeiten und baute verschiedene DIY-gefertigte elektrische Instrumente, vor allem für namhafte Interpreten wie Tom WaitsPeter GabrielKing Crimson, Chris Cutler, die Rolling StonesBlurNine Inch Nails, die Blue Man Group und viele mehr. Obwohl es später bereits einen Haufen anderer Leute gab die ebenfalls mit Spielzeug-Elektronik herumexperimentierten, war es auch Ghazala der in den 1990ern den Begriff Circuit Bending etablierte.





Klänge die aus dem Circuit Bending entstanden, wurden nicht nur als interessante Samples verwendet, sondern fanden auch ihre eigenen Genres in denen sie zu voller Blüte gelangten, darunter Chiptune, Noise, Drone, IDM, Glitch, Clicks & Cuts oder Lo-Fi. Bekannte Interpreten waren unter anderem Reed Ghazala selbst, Dave Wright, Daedelus, Console (Martin Gretschmann) oder Krach der Roboter. Mir selbst ist vor allem der noch vor anderthalb Dekaden agierende Künstler Daniel Hafner alias Musik aus der Batterie liebevoll in Erinnerung geblieben...


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