MEIN LEBEN ALS NACHTWÄCHTER (BERUF)

Peter arbeitet seit 2021 hauptberuflich als Nachtwächter. Hier erzählt er von seinem Berufsalltag...




Mein regulärer Arbeitstag


Mein Arbeitstag beginnt damit, dass ich am späten Nachmittag aufstehe. Nicht weil ich faul bin! Ich habe einen von drei Nachtdiensten pro Wochenende vor mir, für den ich ausgeruht sein muss. Ich wasche mich, frühstücke eine Kleinigkeit, ziehe mich an und breche auf. Die Firma hat mir eine schicke Uniform verpasst, die ihre respekteinflößende Wirkung nicht nur auf meine Umgebung ausübt. Auch ich fühle mich darin selbstbewusster und finde mich leichter in meine berufliche Rolle hinein. Natürlich reagieren nicht alle immer gleich auf Uniformträger, manche fühlen sich regelrecht bedroht und provoziert. Als langjähriger Kunstschaffender mit politischem Bewusstsein habe ich dafür natürlich vollstes Verständnis und begegne meinem Umfeld mit extra Freundlichkeit oder gehe den Leuten, wenn ich merke, dass sie sich in meiner Gegenwart unwohl fühlen, ganz aus dem Weg.


An der Dienststelle angekommen tausche ich mich noch etwas mit meinem Kollegen vom Tagdienst aus, bringe in Erfahrung wie es ihm geht und ob es irgendwas gegeben hat das ich wissen sollte. Sobald er gegangen ist erledige ich noch schnell den Papierkram und lege schließlich los. Mein Job besteht großteils darin in meiner Portierloge zu sitzen, die Schrankenanlage zu bedienen, aufzupassen, zu kontrollieren, Auskünfte zu erteilen, Dinge entgegen zu nehmen, Dinge auszugeben, Rundgänge zu machen, zu schauen ob alle Türen geschlossen sind, ungeschlossene Türen zu verschließen... eine Menge Kleinkram, der sich aber summiert. Wenn weniger los ist hole ich meinen Laptop heraus, recherchiere und schreibe zB Artikel für's Kollektiv-Magazin, höre Musik oder schaue ein paar kurze Youtube-Videos um mich bei Laune zu halten. Es ist sehr wichtig seine Grenzen gut zu kennen! Wieviel "Ablenkung" man sich zumuten kann, bevor man anfängt Fehler zu machen.


Wenn die 12 Stunden-Schicht vorüber ist, rede ich nochmal mit dem Kollegen vom Tagdienst, erledige die letzten Kleinigkeiten und gehe nachhause, um mich dann gleich wieder auf's Ohr zu hauen. Viel Freizeit bleibt mir da nicht, zumindest wenn ich auf meine 8 Stunden Schlaf kommen will. Wer mitgerechnet hat stellt fest, dass mir nur 4 Stunden bleiben. Waschgang, Haushalt, Einkaufen und Kochen sind da noch garnicht mitgerechnet! Ich habe das Glück, dass meine Dienststelle quasi um die Ecke ist, hatte aber auch schon welche wo ich 2 Stunden für die An- und Rückfahrt gebraucht habe. Dafür zeigen sich gute Sicherheitsfirmen wie die meine flexibler was die Einteilung von Dienst- und Urlaubstagen, sowie den Tausch von Diensten betrifft. Und jeder halbwegs vernunftbegabte Kunde wird auch Verständnis für gewisse Freiheiten am Arbeitsplatz haben. Welchen Sinn hat es auch seine Leute in den Burnout zu treiben und ständig Neulinge einschulen zu müssen? Erfahrung ist bei uns von großem Wert! Ein Wachmann der seine Dienststelle kennt wie seine Westentasche und einen guten Draht zu den MitarbeiterInnen im Betrieb hat, ist effizient und weiß sich in allen Situationen am Besten zu helfen.


Unterm Strich ist mein Beruf anspruchsvoller, als es zunächst den Anschein hat. Im Großen und Ganzen mag ich ihn aber sehr, denn er stellt die für mich perfekte Mischung aus verantwortungsvoller Aufgabe und produktiver Leerlauf-Nutzung dar! 

 






Wie bin ich dazu gekommen?


Kurz nach meinem Umzug nach Wien wurde ich ins AMS geschickt, das mich in einige fade Arbeitsprojekte steckte. Wer schon Erfahrungen damit gesammelt hat, weiß dass solche Projekte meist nur eine Beschäftigungstherapie darstellen und im Grunde wenig zielführend sind. Mir wurde schnell klar, dass ich die Initiative ergreifen musste, sonst würde der Blödsinn noch ewig weitergehen. Ich hatte mich schon früh dafür entschieden Nachtwächter zu werden, da ich wie gesagt nachtaktiv bin und mir der Gedanke gefiel den Leuten, gerade in Zeiten wie diesen, ein Gefühl von Sicherheit vermitteln zu können. Doch wurde mir das von mehreren Seiten immer wieder ausgeredet, die meinten, eine solche Stelle wäre entweder  "zu niederschwellig" oder "zu anspruchsvoll" für mich.

Nachdem von ihrer Seite aber nichts Besseres kam, nahm ich die Sache dann doch in Angriff. Das nächste Problem war allerdings, dass mein Lebenslauf lückenhaft war und meine künstlerischen Aktivitäten in der Zeit eher abschreckend wirkten. So entschied ich mich nach einiger Recherche für einen relativ kostengünstigen Kurs bei der EURODET, einer in Wien ansässigen Akademie für Berufsdetektive die auch zertifizierte Wachmänner ausbildet. Durch die Corona-Pandemie fand der Kurs online statt, was mir gestattete die Lektionen besser auf meinen Tag abstimmen zu können. Trotzdem gab es sehr viel zu lernen: Über die österreichische Gesetzgebung, Verhalten am Arbeitsplatz, Sicherheitstechnik, Waffenkunde (wo selbst für mich als Pazifist einige Interessante Details dabei waren) usw


Die Module wären staubtrocken gewesen, hätte sich unser Kursleiter nicht mit viel Humor und Fachkenntnis um einen spannenden Unterricht bemüht und aus seinem reichhaltigen Berufsalltag berichtete. Es gab jede Woche auch einen Praxisteil, in dem wir uns zum Beispiel mit Selbstverteidigung, Personenkontrollen und Funkdisziplin beschäftigten. Am Ende des Monats mussten wir einen schriftlichen Test machen, bevor uns unsere Zertifikate ausgehändigt wurden. Diesen, zusammen mit einem genormten Europass-Lebenslauf (Tipp unseres Kursleiters) und einem einwandfreien Leumundszeugnis, schickte ich dann an einen Haufen Sicherheitsfirmen, bevor ich am Ende von meiner jetzigen Firma eingestellt wurde.


Meine Ausbildung war damit aber noch nicht komplett zu Ende. Ich hatte noch einen Erste-Hilfe-Kurs und eine extra Schulung meiner Firma vor mir, ehe ich ein vollwertiger Wachmann war, den man auch mal alleine Dienste verrichten lassen konnte.  






Security und Kunst - wie geht das zusammen?


Überraschend gut! Allein in meiner Firma gibt es einige kunstaffine KollegInnen, darunter einen Opernsänger, der sich seit Beginn der Corona-Pandemie bei uns ein Zubrot verdient und, wie ich vermute, unbeobachtete Momente nutzt um seine Arien zu üben. Wenn man wie ich Teilzeit arbeitet und sich dafür ein paar Zusatzdienste dazu holt wo man sie braucht, tut man sich erheblich leichter sich Zeit und Geld einzuteilen wie man es braucht. Und selbst am Arbeitsplatz ergeben sich wie gesagt Möglichkeiten kreativ tätig zu werden.

An Inspiration mangelt es auch nicht! Dienste in Museen geben Gelegenheit sich mal in aller Ruhe mit den Exponaten zu beschäftigen. Als Bewacher trägt man sogar aktiv dazu bei ein gutes Stück Kunstgeschichte zu bewahren, was in meinen Augen eine sehr lobenswerte Aufgabe ist. Auf meiner aktuellen Dienststelle komme ich damit zwar nicht in Berührung, dafür wartet auch hier mitunter die eine oder andere Überraschung auf mich. Wie eine Familie von Füchsen die regelmäßig, wie selbstverständlich an mir vorbeispaziert. Oder Revierfahrer die vorbeikommen und von interessanten Vorkommnissen berichten.


Die Leute verbinden mit dem Wachgewerbe oft rechte Grobiane die zu dumm für den Polizeidienst waren und glauben jetzt als Security ihren Frust an den Leuten auslassen zu können. Zwar sind mir schon Kollegen begegnet die in meinen Augen echte Vollidioten waren, aber ganz so schlimm habe ich es zum Glück noch nicht erlebt. In der Tat ist es sogar so, dass unter meinen KollegInnen Menschen aus allen möglichen Kulturkreisen und Schichten vertreten sind, wodurch man es mit wesentlich aufgeschlosseneren Leuten zu tun bekommt als es früher vielleicht der Fall war.

Das liegt vor allem daran, dass das Sicherheitsgewerbe stark im Wachstum ist, eine Menge Arbeitsplätze bietet und die Ausbildungen immer besser werden. Und wenn man sich fortbilden möchte stehen einem auch eine Menge Optionen offen. Man kann Revierfahrer, Kontrolleur oder Objektmanager werden, sich einer Betriebsfeuerwehr anschließen, Geldtransporte übernehmen, in einem Konsulat arbeiten und vieles mehr. Oder man nutzt die Leerlaufphasen im Dienst für ein Studium, um einmal etwas komplett Anderes zu machen. Manche werden sogar in die Firmen übernommen, die sie zunächst bewacht haben. Ich kann eine Karriere in dem Bereich jedenfalls sehr empfehlen!


#FEEDBACK

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EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.