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LABOR L'ART - WERKE STATT PRODUKTE

2014 gründete das Kunstkollektiv Bureau du Grand Mot sein eigenes Netlabel. Aber was unterscheidet Labor L'art von anderen Labels...

Brandt & Flicker - Brandt & Flicker (2019)
Zunächst Grundsätzliches

Wer als Musiker davon leben will Konzerte zu spielen und Platten zu verkaufen, so scheint es, muss bei einem Label unter Vertrag stehen und bei einer Verwertungsorganisation wie der AKM oder GEMA angemeldet sein, um ordentlich Tantiemen zu kassieren. Die Wahrheit sieht aber leider etwas anders aus:

Damit Tantiemen hereinkommen muss man schon sehr viele Konzerte geben und regelmäßig im Radio gespielt werden, also "in die Rotation kommen". Zwar hat sich der Anteil heimischer Musik zB im öffentlich-rechtlichen ORF gesteigert - nicht zuletzt nach einem unschönen Shitstorm ausgelöst durch einen Kommentar von Ö3-Moderatorin Elke Lichtenegger vor etlichen Jahren, siehe hier - das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Österreich ein kleines Land ist und ein nicht unbedeutender Marktanteil bei Privatsendern liegt, die lieber mit internationalen Hits punkten, statt heimische Bands zu fördern. 

Auch die Freien Radios helfen da wenig, zahlen diese doch einen Pauschalbetrag an die AKM, da es für sie so gut wie unmöglich ist, die Musikauswahlen all ihrer freien RadiomacherInnen zu dokumentieren. (Ein Pauschalbetrag übrigens, der MusikerInnen deren Output unter Creative Commons läuft auch komplett ignoriert.) Gut: Wer häufiger spielt und gespielt wird, bei dem kommt schon ein bisschen was zusammen und über das System lassen sich auch durchaus Förderungen lukrieren. Aber reicht das? 

Label sind auch so eine Sache: Sie ermöglichen es einer Band zwar ein größeres Publikum zu erreichen und Platten zu verkaufen. Von dem Geld das hereinkommt zwackt sich das Label aber auch seinen Teil ab. Verwaltung, Vertrieb, Promotion... das sind alles Dinge die bezahlt werden wollen. Hinzu kommt, dass manche Labels, insbesondere Major-Labels, dazu neigen Bands die bei ihnen unter Vertrag stehen einzubremsen, um eine andere Gruppe mit der sie im Moment mehr Geld machen können zu pushen. Es soll sogar Fälle gegeben haben in denen Bands nur unter Vertrag genommen wurden, weil sie den Big Playern zu gefährlich geworden sind. Was am Ende zählt ist eben die Kohle - Punkt.

Aus diesen und ähnlichen Gründen haben sich Musiker auf der ganzen Welt mit der Frage beschäftigt, ob es nicht auch anders geht. Und auch wenn sich bisher noch keine allgemeingültige Lösung hat finden lassen, gab es doch seit dem Erstarken des Internets einige vielversprechende Ansätze. Einer davon war das sogenannte Netlabel. Ein Zusammenschluss verschiedener Musiker und Künstler zu einer gemeinsamen Plattform bzw Homepage, auf der die jeweiligen Releases heruntergeladen werden können. Kein bürokratischer Schnickschnack, überschaubare Ausgaben und globale Breitenwirkung, soweit man es schafft mit einigen kreativen Marketingspielereien auf sich aufmerksam zu machen.  
Wolfwetz - Reality Glitch (2018)
Die Idee hinter Labor L'art

2004 wurde das österreichische Electronic-Netlabel Laridae gegründet, dessen Releases samt und sonders unter Creative Commons fielen, sprich: Das auf eine Zusammenarbeit mit der AKM verzichtete. Die Beteiligten handelten aus der Leidenschaft heraus und verdienten höchstens mit Auftritten etwas dazu, wurden aber schnell zu Legenden der österreichischen Electronic-Szene. 

Sie inspirierten das 10 Jahre später gegründete Netlabel Labor L'art des salzburger Kunstkollektivs Bureau du Grand Mot. Dieses hatte von Laridae und seinen Interpreten aus der ganzen Welt gelernt, und beschlossen das Konzept der Debürokratisierung noch einen Schritt weiter zu gehen. Alles was sie brauchten war eine Homepage und URL, beides finanziert vom Verein mosaik, der sich ebenfalls aus dem Bureau du Grand Mot formte. Die eigentlichen Releases liegen auf den Bandcamp-Seiten der jeweiligen Interpreten, die lediglich auf Labor L'art eingebettet sind. Eine einfache, unspektakuläre, aber geniale Lösung die viele Vorteile mit sich bringt.
  • Die Interpreten haben jederzeit Zugang auf ihre eigenen Werke und können sie gegebenenfalls noch einmal verändern, was prozessorientiertes und experimentelles Arbeiten ermöglicht. Mit anderen Worten: Die Musiker vertrauen ihre Werke nicht wie sonst üblich dem Label an, um daraus ein Produkt zu machen. Das Werk bleibt ein Werk! 

  • Statt ein Album auf einen Schlag zu veräußern, kann sein Inhalt nun auch peu à peu herausgebracht werden. Zum Beispiel das erste Drittel im März, das Zweite im April, das Dritte im Mai... Was den großen Vorteil hat, dass die Aufmerksamkeit auf das Werk länger anhält. Dadurch ergeben sich aber auch narrative Möglichkeiten, die es ermöglichen die Hörer auch auf einer persönlichen Ebene abzuholen.
  • Obwohl die Releases auf Labor L'art für gewöhnlich frei erhältlich sind, können die einzelnen Interpreten auch Geld dafür verlangen. Dieses geht direkt an sie, nicht das Label, wenn man von den 15 Prozent absieht, die Bandcamp einstreicht, um werbefrei zu bleiben. Dafür fallen viele viele Kosten weg die bei einem normalen Label hinzu kämen. (Theoretisch brächte das auch steuerliche Vorteile: Kunst wird für gewöhnlich mit 10 % besteuert, außer bei Musikern die Platten verkaufen, da hier auch eine Firma, das Label mitmischt. Wenn alles direkt an die Musiker geht, wäre das nicht der Fall. Allerdings wurde dieses Vorgehen noch nicht erprobt!)  

  • Bandcamp stellt individuelle Download-Codes zur Verfügung, die im Grunde auf alles Mögliche aufgedruckt werden können. Mit anderen Worten: Artwork muss sich nicht mehr nur auf seine Rolle als Verpackungsmaterial für einen physischen Tonträger reduzieren lassen, sondern kann selbst einfach Kunst sein und/oder ein Schlüssel zum dazugehörigen Release. Ein Experiment das schon einmal mit großem Erfolg von der Band Heidelbert versucht wurde, die ihre erste Single quasi als Postkarte veräußerten. 

  • Sollte ein Interpret vorhaben sein Album aus dem Katalog zu nehmen und auf einem anderen Label neu zu veröffentlichen, ist dies auch jederzeit möglich. Es gibt keinen Vertrag, da ja alles Material bei den Interpreten selbst bleibt und das Label nichts an ihnen verdient, wodurch auch keine Forderungen an das Label selbst gestellt werden können. 
Unterm Strich ein interessantes Konzept, das zugegeben noch etliche Macken hat. Aber es zeigt, dass das bisherige Geschäftsmodell mit Labeln und Verwertungsgesellschaften unter Umständen überholt sein könnte. 
Mehr dazu unter: www.laborlart.at

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