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FAN FICTION: THE FINAL FRONTIER

Zwischen 2013 - 17 produzierten US-amerikanische Fans die Webserie Star Trek Continues, in welcher die Abenteuer des Raumschiff Enterprise aus der Originalserie weitererzählt wurden.



In einer Zeit da alles schon einmal dagewesen zu sein scheint, ist es schwer mit originellen Ideen aufzuwarten. Aber muss man unbedingt? Wenn es nach den Vertretern des Copyright geht, sehr wohl. Man will ja nicht von der Hand im Mund leben, während sich Andere mit dem was man sich über Jahre mühsam aus den Fingern gesaugt hat eine goldene Nase verdienen! Das ist durchaus verständlich und zu respektieren. Dumm nur, dass die Inspiration da keine Rücksicht nimmt. Wenn sie einen mal richtig erwischt hat, einem Herz und Hirn in Brand gesteckt hat, ist es schwer an was Anderes zu denken. Da muss was raus! Man kann ja miteinander Reden, ein Non profit hier, etwas Charity da... wenn zumindest die Produktionskosten wieder reingeholt werden könnten... et cetera.


Vor allem den Bürokraten und Studiobesitzern ist Fan Fiction ein Dorn im Auge. Sie machen den Eindruck Blutegel zu sein, die sich unrechtmäßig am Gewinn bereichern wollen. Dabei verdienen die Wenigsten wirklich etwas und machen mit ihren Projekten sogar gratis Werbung. Im Marketing gibt es sogar einen Begriff dafür. Man unterscheidet dort zwischen Owned Media, dem was einem hausintern zur Verfügung steht um ein Produkt zu bewerben. Paid Media für das man Werbefirmen bezahlt. Und eben Earned Media, Werbung durch engagierte Fanprojekte, die einem selbst nichts kosten, aber durch Netzwerke wie Youtube oder Vimeo eine riesige Reichweite haben. Manches Fanprojekt hat ein Franchise sogar schon gerettet...





Man nehme nur mein persönliches Lieblingsfranchise Doctor Who, die längsten laufende Science-Fiction-Serie aller Zeiten. Sie läuft seit 1963 und wurde 1989 für etliche Jahre abgesetzt, weil die Programmplanung der BBC, trotz des großen Erfolgs von Serien wie Star Trek: The Next Generation keine Zukunft in der Science Fiction mehr sah. Während der darauffolgenden "Wilderness Years" bemühten sich vor allem die Fans darum das Franchise am Leben zu erhalten, indem sie Bücher schrieben, Comiks zeichneten, eigene Filme und Hörspiele produzierten usw usf. Die Engagiertesten unter ihnen konnten sich sogar die Mithilfe der Originaldarsteller sichern, darunter die Doktoren Sylvester McCoy, Jon Pertwee, Colin Baker und Peter Davison (siehe oben). Unter anderem dieser kreativen Überzeugungskraft war es geschuldet, dass Doctor Who im Jahr 2005 zurückkehren durfte und das erfolgreicher denn je. Zu den Fan Fiction-Produzenten der Wilderness Years die nun auch offiziell an der Serie arbeiten durften, zählte Autor und Schauspieler Mark Gatiss, der später mit Sherlock auch seine eigene Hitserie kreierte. Die Hörspiel-Produzenten - wie Nicholas Briggs, welcher im Revivals die Stimmen der Daleks und Cyberman sprach - gründeten in der Zwischenzeit ihre eigene Firma namens Big Finish...





Fan Fiction erlaubt es die uns vorgestellte Welt auf eine Weise kennenzulernen die uns bisher verborgen blieb, die Perspektive zu wechseln und die vertrauten Pfade zu verlassen. Wenn das eigentliche Werk auch ernstgenommen werden möchte, darf hier auch mal satirisch aufgearbeitet und Dinge verbunden werden, die sonst nicht zusammen gehören. Es wird eine Laborsituation geschaffen die es den Schöpfern des Originalmaterials ermöglicht festzustellen, was alles noch geht und was nicht. Ein Beispiel hierfür ist die Fanproduktion Troops von 1997, eine Mockumentary welche Elemente von Star Wars und der Polizeiserie Cops vereint...





Eine Fanbase die sich darin versteht trotz oft geringen Budgets wirklich erstaunlichen Output zustande zu bringen, gehört zweifelsohne dem Star Trek-Franchise an. (Aufmerksamen Sehern unseres Kollektiv-Podcasts sei an dieser Stelle noch einmal unser Interview mit Voyager's Tim Russ ans Herz gelegt.) Die Mittel welchen Filmemachern mittlerweile abseits der Studios zur Verfügung stehen sind absolut bemerkenswert und überstrahlen die Originale zum Teil sogar. Mancher von den Big Playern im Business fühlt sich davon bedroht, die wirklichen Genies sehen darin aber eine Herausforderung. Und auch wenn sich nicht jeder eingefleischte Fan mit den neuen Serien wie Star Trek: Discovery anfreunden kann, ist es doch angenehm festzustellen, dass nicht nur in punkto CGI eine erhebliche Steigerung stattgefunden hat, sondern auch die Storys und Charakterentwicklungen an Qualität zugenommen haben. Man hat ganz klar dazugelernt!


Parallel dazu haben sich Fans zusammengefunden, um da anzuknüpfen wo die bescheidenen Anfänge ihr Ende fanden. Alte Kulissen und Kostüme wurden liebevoll rekonstruiert. Selbst die schauspielerischen Leistungen wurden an das damalige Niveau angepasst - so cheezy es auch war - um möglichst authentisch zu bleiben. Die Rede ist von Star Trek Continues, das die Reise der USS Enterprise unter dem Kommando von Captain James T. Kirk fortführt und gekonnt eine Brücke zu den Spielfilmen schlägt.





Ein abschließender Gedanke: Der Wunsch von seiner Kunst leben zu können ist verständlich. Ich persönlich würde darin nur keine Notwendigkeit sehen wollen, da ich mich sonst früher oder später gezwungen sähe meiner Abhängigkeit wegen faule Kompromisse eingehen zu müssen. Dazu gehört auch die Unterbindung von Werken anderer, die sich von meiner Arbeit haben inspirieren lassen. Ich bin der Überzeugung das Inspiration etwas ist das fließen muss, von einem zum anderen. Immerhin: In einem stehenden Gewässer lässt es sich nur begrenzt fischen!



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