DIE BIBLIOTHEK VON BABEL




Ließe man eine Horde von Affen unendlich lange, wahllos auf Schreibmaschinen herumtippen, würden sie irgendwann sämtliche Werke von William Shakespeare zu Papier bringen. Dieses höchst amüsante Bild beschreibt das sogenannte Infinite-Monkey-Theorem. Ein Gedankenexperiment das in mehrfach veränderter Form bereits seit der Antike existiert und eine prominente Parabel in der Wahrscheinlichkeitstheorie bildet; einem Teilgebiet der Mathematik das sich mit Zufallsvariablen und stochastischen Prozessen beschäftigt. Anders gesagt, geht das Theorem nicht von einem bewussten Akt der Affen aus, sondern von Mustern die sich zwangsläufig ergebenden, wenn man eine Horde Affen unendlich lange alle nur formbaren Kombinationen an Zeichen durchprobieren lässt.


Der argentinische Schriftsteller und Bibliothekar Jorge Luis Borges (1899 - 1986) dachte das Konzept weiter, als er 1941 die Kurzgeschichte La Biblioteca de Babel verfasste. In ihr geht es um eine Welt die im Grunde eine einzige gewaltige Bibliothek ist, in der Bücher stehen, die allesamt wahllose Zeichenfolgen enthalten. Im Sinne des Infinite-Monkey-Theorems ist die Bibliothek so groß, dass sie neben einem riesigen Haufen nichtssagenden Unsinns potentiell auch alles in sich birgt, was jemals geschrieben werden könnte oder bereits geschrieben wurde, inklusive aller Wahrheiten und Antworten nach denen der Mensch nur streben kann.


 





Für die Bewohner dieser Welt sind aufgrund der Fülle an unsinnigen Schriften natürlich jene Bücher in denen auch nur ein halbwegs verständliches Wort steht enorm wertvoll. Das geht so weit, dass ganze Sekten gegründet werden, die in jeden Fund eine höhere Bedeutung hineininterpretieren und selbst im Wirrwarr noch eine verborgene Botschaft Gottes zu finden glauben. Es gibt Gruppen die Bücher verbrennen, Wanderer auf der Suche nach verborgenen Schätzen, Wissenschaftler die unermüdlich forschen und decodieren und so weiter und so fort.

Am Ende sind sie alle kein Stück schlauer, da sie sich zu sehr auf das Potential der Bibliothek verlassen, statt einfach ihr Leben zu leben. Denn letztlich ist es immer noch wesentlich effizienter seine Werke selbst zu verfassen, als sie dem Zufall im Angesicht der Ewigkeit zu überlassen - zumal der Mensch nicht ewig lebt. Man sollte sich die Lektionen in Borges'  Erzählung gerade im heutigen Informationszeitalter besonders zu Herzen nehmen:

Auch das Internet ist eine Bibliothek, die uns mehr Wissen zugänglich macht als jemals zuvor. Und doch ist es gerade diese Fülle an Information die uns im Weg steht. Neben all den Weisheiten und fundierten Schriften finden sich dort auch ein Haufen Unsinn und Lügen, die zum Teil so überzeugend formuliert sind, dass selbst gebildete Leute darauf hereinfallen und sie unhinterfragt weitertragen. Umso wichtiger ist es nicht den ganzen Tag vor dem Computer zu versauern, in die Welt hinauszugehen, zu leben, eigene Erfahrungen zu sammeln und mit den Menschen von Angesicht zu Angesicht zu sprechen. 







2015 ging eine Website des New Yorker Autors und Programmierers Jonathan Basile online, die Borges' Bibliothek zu Babel erstmals einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machte. Basile kreierte einen Algorithmus der es ihm erlaubte die Bücher seiner Bibliothek mit bis zu 104677 potentiellen Seiten zu füllen, die alle 29 wahllos angeordnete Zeichen enthalten, bestehend aus den üblichen 26 Buchstaben, Leerzeichen, Kommas und Punkten. Jedes Buch erhielt seine eigenen Koordinaten nach denen man sie in der Bibliothek finden kann. Zudem integrierte er ein Formular mit dessen Hilfe man jeden eingegebenen Text (max. 3200 Zeichen) in der Bibliothek suchen kann.


https://libraryofbabel.info/




#FEEDBACK

von Manuel Waldner 8. April 2025
Der Text von "Nóttin talar" (Die Nacht spricht) drückt tiefe Traurigkeit und den Wunsch aus, in die Vergangenheit zurückzukehren. Bilder wie ein versteckter Pfad und ein grauer Spiegel deuten auf eine Innenschau und den Wunsch hin, zur Vergangenheit zurückzukehren. Der Sänger spricht von Erinnerungen, die wie Glut brennen, und unausgesprochenen Worten, und fragt sich, ob Antworten in einer anderen Zeit existieren. Es gibt ein starkes Gefühl der Schuld und den Wunsch, vergangene Fehler ungeschehen zu machen, wobei wiederholt darum gebeten wird, Í GEGNUM TÍMANN (durch die Zeit) zurückzukehren, um Dinge zu reparieren. Das Vergehen der Zeit wird durch fallende Tage und stille Tränen dargestellt, was hervorhebt, dass die Zeit nicht umgekehrt werden kann. Der Sänger träumt von einer zweiten Chance, präsent und liebevoll zu sein. Auch wenn eine Rückkehr unmöglich sein mag und der Schmerz persönlich ist, bleibt die Hoffnung, Dinge richtigzustellen. Das Musikvideo, das drei junge Männer beim Spaß zeigt, steht im Kontrast zu diesen traurigen Texten. Es scheint hervorzuheben, wie schnell die Jugend und diese unbeschwerten Zeiten vergehen und wie Handlungen in der Jugend später zu Bedauern führen können. Die Freude im Video repräsentiert eine Zeit, die nicht zurückgebracht werden kann, und die Texte deuten darauf hin, dass die jungen Männer eines Tages zurückblicken und sich wünschen könnten, sie hätten Dinge anders gemacht. Der Unterschied zwischen den fröhlichen Bildern und den traurigen Worten betont, wie die Zeit vergeht und wie unsere vergangenen Handlungen uns belasten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Musikprojekt: https://www.kollektiv-magazin.com/ai-musikprojekt-dominion-protocol
von Manuel Waldner 31. März 2025
AI-MUSIKPROJEKT: DOMINION PROTOCOL
von Manuel Waldner 31. März 2025
BACKSTAGE @ THE OSCARS - BERNHARD MAIRITSCH
von Manuel Waldner 22. März 2025
Prof. Dr. Heinz Gärtner ist Politikwissenschaftler und Sicherheitsexperte mit Schwerpunkt internationale Beziehungen. Er lehrt an der Universität Wien und ist Senior Fellow am Österreichischen Institut für Internationale Politik (oiip). Gärtner beschäftigt sich in seiner Forschung mit Fragen der Neutralität, Sicherheits- und Friedenspolitik sowie den transatlantischen Beziehungen. Er hat zahlreiche Fachpublikationen veröffentlicht, ist regelmäßig als Experte in den Medien präsent und wirkt in internationalen Gremien zur Sicherheits- und Außenpolitik mit.