DARK ODDITIES #18 (CLASSIC ARG EDITION)

Disclaimer: Die hier gezeigten Beiträge enthalten zum Teil erschreckendes, verstörendes Material, sowie schnelle Lichtwechsel die möglicherweise epileptische Anfälle auslösen können. 





Prolog



Alternative Reality Games, kurz: ARGs sind alles andere als Videospiele. Es handelt sich dabei um so etwas wie eine transmediale Schnitzeljagd, sowohl in der digitalen als auch der wirklichen Welt. Dabei wird stets einer übergeordneten Geschichte gefolgt, deren ganze Ausmaße erst durch die Zusammenarbeit und Recherche der partizipierenden Öffentlichkeit ans Licht gelangen. Eine immersive Kunstform die sich in den vergangenen 20, 30 Jahren entwickelt hat und nunmehr beliebter ist als je zuvor, auch wenn nicht immer dieselben Begriffe verwendet werden - manch einer sagt beispielsweise "unfiction" dazu! Das Konzept hat sich als so erfolgreich erwiesen, dass es auch gerne als kostspieliges, aber lohnendes Marketing tool verwendet wird. Man nehme nur die Serie Heroes, in welcher auf Homepages verwiesen wurde die tatsächlich existierten und Bonusmaterial verborgen hielten. Wir sprechen heute natürlich von ARGs mit Horror, Science-Fiction- und Psychothriller-Elementen. Genauer: Von vier absoluten Klassikern, die es verstanden haben einen Kult um sich aufzubauen...






Ong's Hat / Incunabula



Taucht die Frage nach dem allerersten ARG auf, fällt nicht selten der Name Ong's Hat. Ein transmediales Projekt des Filmemachers und Künstlers Joseph Matheny, der bereits in den 1980ern mit vergleichbaren Formaten experimentierte, aber erst mit den Anfängen des Internets zu weitreichender Bekanntheit gelangte. Sein 1993 begonnenes Narrativ spielt in der gleichnamigen Geisterstadt in New Jersey, die bereits Gegenstand mehrerer urbaner Legende war. Es erzählt von einer Gruppe von Wissenschaftlern denen die Reise in ein Paralleluniversum gelungen ist, in dem sie noch immer leben. Was Ong's Hat so verstörend macht ist weniger das Projekt selbst, als seine Folgen. Viele Verschwörungstheoretiker und UFO-Fanatiker nahmen die Geschichte für bare Münze oder rissen sie an sich, um ihre Anhänger aufzustacheln. Matheny selbst wurde zum häufigen Opfer von Belästigungen, bis hin zu bedrohlichen Situationen mit gewaltbetreiten Psychopathen. Er verbrachte die kommenden Jahre damit jeden sich daraus entwickelnden Kult, der ihn oder andere Menschen in Gefahr brachte, aufzuhalten. Dennoch glaube Viele bis heute, dass die Geschichte um Ong's Hat wahr ist! Mal sehen was Inside A Mind darüber zu erzählen hat...     










Marble Hornets


Am 10. Juni 2009 schuf Eric Knudsen alias Victor Surge für einen Photoshop-Wettbewerb des Something Awful Internet Forums in dem übernatürliche Inhalte eine Rolle spielen sollten, die Figur des Slender Man. Sie ging schnell viral, inspirierte unzählige Fan fictions, Cosplays und Creepypastas, verselbstständigte sich, wurde zum Mythos. Richtig berühmt wurde Slender Man aber erst mit dem 2012 erschienen Horror-Videospiel Slender: The Eight Pages. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte!


Am 20. Juni 2009, nur 10 Tage nach Knudsen's erstem Post, startete die Youtube-Horror-ARG-Webserie Marble Hornets von Troy Wagner, die ebenfalls mit dem Slender Man-Mythos spielte. Sie ist wohl am Besten dem Found footage-Genre zuzuordnen, basierend auf Rohmaterial eines fiktiven Filmprojekts gleichen Namens, an dem die beiden Filmstudenten Jay Merrick (Troy Wagner) und Alex Kralie (Joseph DeLage) gearbeitet hatten. Drei Jahre nach Scheitern des Projekts wirft Jay einen erneuten Blick auf das Material und entdeckt im Hintergrund eine seltsame Gestalt die Alex verfolgt zu haben scheint. Die Serie lief über 3 Staffeln lang und endete exakt 5 Jahre später, am 20. Juni 2014. Darauf folgten Troy Wagner's Folgeprojekte, die Analog Horror-Meilensteine Clear Lakes 44 (2015) und ECKVA (2016). 2018 erschien die Filmadaption Always Watching: A Marble Hornets Story mit Doug Jones.   

 






The Wyoming Incident



Gekaperte TV-Signale sind kein Neuland in dieser Artikelreihe. Wir sprachen bereits über den Max Headroom-Vorfall, oder die seltsame Nachricht angeblicher Außerirdischer im britischen Fernsehen der 70er. The Wyoming Incident schlägt in dieselbe Kerbe, dabei handelt es sich allerdings um eine Creepypasta und eines der ersten ARGs das bereits 2006 seinen Anfang nahm und in gewisser Form immer noch existiert. Dem Narrativ zufolge soll die Nachrichtensendung eines TV-Senders in Wyoming mit obskuren Inhalten überlagert worden sein, welche die Zuschauer absichtlich mittels Infraschallfrequenzen in den Wahnsinn treiben. So einfach die Geschichte um den angeblichen Wyoming-Vorfall auch beginnt, ist sie nach all den Jahren so komplex und rätselhaft geworden, dass sich selbst ARG-Experte NIght Mind beinahe die Zähne daran ausgebissen hat...








CH/SS


Oft als die erste Analog Horror-Webserie auf Youtube bezeichnet - der später bekanntere Projekte wie ECKVA, Local 58, oder Gemini Home Entertainment folgten - nahm das von Turkey Lenin III kreierte CH/SS im Januar 2016 seinen Anfang. Piece-by-piece erfahren wir Details über ein obskures Unternehmen das Experimente an Menschen durchführt und sie mit Medikamenten behandelt, die verstörende Halluzinationen zur Folge haben. In den Videos selbst tauchen merkwürdige Symbole, geheime Botschaften und Codes auf. Ein Mitarbeiter verschwindet und wird wenig später ermordet aufgefunden. Es ist ganz klar eine Verschwörung im Gange! Halluzinieren die Patienten wirklich nur oder sollen sie in Wahrheit von etwas Übernatürlichem abgelenkt werden? Wir bitten erneut NIght Mind zu Wort...



#FEEDBACK

von Manuel Waldner 6. September 2025
HOSE RUNTER: DER PODCAST VOR SHOW DE TOILETTE
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Das Mark des Lebens aussaugen
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DR. MICHAEL HOCH & DI DR. NORBERT FRISCHAUF
von Manuel Waldner 23. August 2025
EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.