MUSIK ZUM SCHREIBEN # 7 - FOLK

Wer viel schreibt, weiß wie wichtig eine angenehme Atmosphäre ist. Die richtige Musik kann da helfen...



Folgendes Szenario: Man ist gerade nach einer heftigen Party am Vortag aufgewacht. Die Anderen schlafen noch, sie zu wecken wäre gemein, allerdings sind die räumlichen Verhältnisse im Haus stark eingeschränkt und für Aktivitäten an der frischen Luft ist man eindeutig noch zu verkatert. Also setzt man sich an den einzigen Ort der einem zur Verfügung steht: Den kleinen Küchentisch. Nachdem man sich einen Toast und einen guten Tee zurechtgemacht hat, entschließt man sich etwas zu schreiben. Nur ganz in der Stille möchte man dann auch nicht arbeiten. Was im Radio läuft ist selbst bei Stubenfliegenlautstärke viel zu stressig und die gute alte John Coltrane-CD ist auch schon völlig zerkratzt. Also muss das Internet ran! Aber was soll man nun hören? Warum nicht guten alten Akustikgitarren-Folk? Da bietet sich Vielerlei an: Bob Dylan, Leonhard Cohen, Donovan, Simon & Garfunkel, Joni Mitchell, Cat Stevens... Hier drei weniger bekannte Beispiele die sich während des Schreibens besonders gut hören lassen! 





Nick Drake - Pink Moon (1972)



Nick Drake war ein britischer Singer-Songwriter der 1948 in Burma, dem heutigen Myanmar, geboren wurde und leider viel zu früh im Alter von gerade mal 26 Jahren starb. Er brachte lediglich drei Alben heraus, die aber heute samt und sonders als legendär gelten. Obwohl zu Lebzeiten kaum bekannt inspirierte er schon damals große Musiker wie Elton John, R.E.M., Norah Jones, Jimmy Page und Graham Coxon. Seine Werke stecken voller Melancholie, Sehnsucht und Poesie, spenden eine angenehm ruhige Atmosphäre ohne dabei das Tempo zu vernachlässigen. Drakes wunderbare Stimme ist unaufdringlich, lenkt nicht ab, sondern unterstreicht im Gegenteil sogar sein großes musikalisches Talent. Trotzdem: Die Lautstärke sollte nicht zu laut aufgedreht sein, damit der Zauber seine wohltuende Wirkung tun kann!






John Fahey – The Essential John Fahey (1974)



John Fahey (1939 - 2001) war ein US-amerikanischer Musiker und Labelbetreiber, der mit klassischer Musik und Country aufwuchs und sich 1952 vom schwarzen Sänger und Gitarristen Frank Hovington zum Fingerstyle-Gitarrenspiel inspirieren ließ. Er begann sich zunehmender mit Folk, Blues und Moderner Klassik zu beschäftigen, ehe er zunächst unter dem Pseudonym Blind Joe Death seine ersten Aufnahmen veröffentlichte, die bald auf eine wachsende Fangemeinde stießen. Nach einer langjährigen Schaffenskrise ab den 1970ern wurde er Mitte der 1990er von bekannten Interpreten wie Sonic Youth und Jim O'Rourke neu entdeckt. Fahey verbrachte die letzten Jahre seines Lebens mit der Produktion experimentellerer Arbeiten. Der Rolling Stone verortete ihn auf der Liste der besten Gitarristen aller Zeiten auf Platz 35. Die Kompilation The Essential John Fahey bietet einen Querschnitt aus seiner ersten Schaffensperiode, seine darauf enthaltenen Werke verbinden lebhaften Acoustic Folk mit Elementen von Country und Blues. Perfekt für AutorInnen die sich in ihre Texte hineinsteigern und von der Musik antreiben lassen möchten!  






Linda Perhacs – Parallelograms (1970)



Linda Perhacs (* 1942) ist eine US-amerikanische Singer-Songwriterin die dem experimentierfreudigeren Psychedelic Folk zugeordnet wird, eine Musikrichtung die 1967 von der Incredible String Band geprägt wurde. Perhacs entdeckte erst 1969 ihre musikalischen Talente und nahm im darauffolgenden Jahr ihr erstes Album Parallelograms auf. Ihre damalige Plattenfirma hatte die Pressung vermurkst und sich kaum um den Vertrieb gekümmert, woraufhin sie dem Musikbusiness zunächst enttäuscht den Rücken kehrte. In den folgenden Jahren bildete sich aber ein regelrechter Kult um das Werk, das unter Sammlern gefragt war wie der Heilige Gral. Da Perhacs lange Zeit von der Bildfläche verschwand konnte erst 2005 eine remasterte Version auf dem New Yorker Label The Wild Places veröffentlicht werden, deren Erfolg sie schließlich doch nochmal zur Produktion weiterer Alben anstiftete die 2014 und 2017 erschienen. Eines ihrer Stücke fand sogar im Film Daft Punk's Electroma Verwendung. Linda Perhacs' Debüt ist ein märchenhafter Fiebertraum, der zum Schreiben ebenso animiert, wie zum gelegentlichen Zurücklehnen und entspannten Einwirken lassen einlädt.



#FEEDBACK

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EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.