DARK ODDITIES #10 (COMMERCIAL EDITION)

Disclaimer: Die hier gezeigten Beiträge enthalten zum Teil erschreckendes, verstörendes Material!





Prolog



Ich geb es ja zu, ich bin kein großer Freund der Werbeindustrie. Was da an kreativem Potential zur Bewerbung von Produkten und kalkulierten Gewinnmaximierung verbraten wird, geht auf keine Kuhhaut. Von der Unsitte Filme zu unterbrechen, Spannungsbögen zu zerreißen, will ich garnicht erst anfangen! Aber selbst meine Wenigkeit kommt nicht umhin manche Werbungen für ihren Einfallsreichtum, ihren kunstvollen Anspruch und ihrer Liebe zum Detail zu bewundern.

Werbung, wenn gut gemacht und hinter einem sinnvollen Gedanken stehend, kann absolut eine Kunstform für sich sein! Mehr noch, hat sie den großen Luxus einen Großteil des Publikums in ihren eigenen vier Wände zu erreichen. Davon einmal abgesehen wird in der Kunst im Allgemeinen auch gerne auf das Format zurückgegriffen, beispielsweise um Parodien zu schaffen. Manuel Waldner und ich haben dies beispielsweise mit einem Spot für die fiktive Marke Cobweb Glitter gemacht. Dabei treten mitunter auch einige sehr dunkle und verstörende Ergebnisse zum Vorschein, wie jene die wir heute vorstellen möchten...








Omega Mart



Meow Wolf ist eine US-amerikanische Kunst und Entertainment-Firma, die 2008 gegründet wurde und unter sich neben der Produktion von Musikvideos, sowie der Organisation diverser Kunst- und Musikfestivals, der Schaffung immersiver Installationswelten widmet. Ihr neuestes Projekt ist Omega Mart, das auf einer fiktiven Supermarktkette basiert in der offensichtlich nicht alles mit rechten Dingen zu geht. Das sehr surreale Multimediaprojekt beschäftigte über 200 KünstlerInnen und bietet eine interaktive Kunstinstallation auf mehr als 4800 m² Fläche in Las Vegas, Nevada. Die folgenden Videos dienten nicht nur der Bewerbung, sondern sind auch Teil des Projekts...








Unedited Footage Of A Bear



Ein Horrorsegment von Alan Resnick und Ben O'Brien, das 2014 als Teil der Infomercial-Reihe auf dem TV-Sender Adult Swim veröffentlicht wurde. Seinem Titel zum Trotz ist darin nicht bloß die 10-minütige Aufnahmen eines Braunbären zu sehen, sondern auch eine fingierte Youtube-Ad für Antidepressiva, wie sie dieser Tage leider Gang und Gäbe geworden ist in der US-amerikanischen Werbelandschaft. Damit nicht genug kippt der vermeintliche Spot in weitere dunklere Metaebenen, in denen Tod, Verdammung und Wahnsinn warten. Wobei das Geschehen immer noch von den Warnhinweisen des Werbespots begleitet werden. Bei Unedited Footage Of A Bear handelt es sich zudem um ein ARG, dem man folgen kann, wenn man die angezeigten URLs aufruft und einer genaueren Untersuchung unterzieht.

 







What Was The COTN Incident?



In der ersten Episode von Dark Oddities haben wir den polnischen Youtube-Channel KrainaGrzybowTV, insbesonderen die aufwühlende Reihe Poradnik Uśmiechu / Smile Guide vorgestellt. Wir erwähnten auch ein weiteres 2019 veröffentlichtes Video des Kanals mit dem Namen What Was The COTN Incident? Gegenstand dieses Videos ist ein sogenannter Signal endurance test (Signalausdauertest), also ein Bild das über einen längeren Zeitraum über ein Satellitensystem gejagt wird, um seine Funktionstüchtigkeit zu testen. In diesem Fall hatte man sich für einen Frame, also ein Standbild aus einem Werbespot für eine Fastfood-Kette entschieden. Das von 1980 - 1989 übertragene Bild scheint aber von einer fremden Quelle gehackt worden zu sein, denn eines Tages tauchte darin eine bizarre Kreatur auf, der man den Namen "Simon" gab. Das Segment weist nichts allzu Erschreckendes auf, ist aber dennoch sehr beunruhigend... 

 






Doug Garth Williams



Ein begnadeter Fabrikant bizarrer Filme, Musikvideos und Werbespots, die so verstörend schräg sind, dass sie David Lynch locker das Wasser reichen können, ist der kalifornische Filmkünstler Doug Garth Williams. Internationale Berühmtheit erlangte er vor allem 2012 für die Bewerbung des damals noch relativ kleinen und unbekannten Eiscremeherstellers Little Baby's Ice Cream aus Philadelphia, mit einem WTF-Spot der innert kürzester Zeit viral ging und der Marke enorme Aufmerksamkeit bescherte. Trotz seines großen Erfolgs fuhr Williams fort eher kleine Unternehmen zu pushen, wie das Tattoo-Studio Two Horses in Montreal oder das Musiklabel Ooh La La Records.



#FEEDBACK

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EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.