DARK NOSTALGIA # 2

Dunkle Erinnerungen an das Fernsehen unserer Kindheit - nichts für schwache Nerven!





Willkommen zum zweiten Teil unserer Reihe über WTF-Momente der Fernsehgeschichte die uns als Kinder traumatisiert haben. Und mit "uns" meine ich die Kinder meiner Generation, die in den 80er und 90er Jahren aufwuchsen. Zeiten die zwar nicht unbedingt an die Grenzen des guten Geschmacks gingen, wie Produktionen a la Southpark oder Family Guy. Die aber noch mit echt verstörenden Inhalten zu glänzen wusste, die sich moderne Sender nicht mehr trauen zu senden. Zumindest zu Stunden da Kinder zusehen könnten! Tauchen wir also wieder ein in die Welt der Dunklen Nostalgie und lassen uns von ihr wieder zu Output inspirieren, der einem mit ehrlichem Schauer eine Gänsehaut über den Rücken jagt...


Sollte euch dazu auch noch etwas einfallen, kontaktiert uns unter: redaktion@kollektiv-magazin.com 





ORF "Trailer"-Signation



In den 80er und 90er Jahren sendete der Österreichische Rundfunk eine Sendereihe die sich - innocent enough - mit "Tipps für Filmfreunde" beschäftigte. Zu Beginn der Sendung wurde diese Signation gespielt, unterstützt von "Bird's Lament" der Jazzgruppe Moondog aus dem Jahr 1969 - Jahre später auch bekannt geworden als Basis für "Get A Move On" von Mr Scruff. Sie beginnt relativ einfach mit der grafischen Darstellung einer Tonspur, die Farben rot, schwarz und weiß dominierend, was dem Ganzen schon einen leicht bedrohlichen Touch gibt, auch wenn man noch nicht mit den geschichtlichen Implikationen dieser Farbkombi vertraut ist. Es folgen einige bewegte Collagen von Filmschnipsel, die erst noch recht harmlos wirken, mit der Zeit aber einen unwirklichen, dunklen Ton annehmen: Vögelschwärme auf grünem Grund, verbrennendes Filmmaterial, mit Rotfilter versehene Negativaufnahmen... am Ende ein rotierender Frauenkopf, Hände im Dunkeln die in rascher Abfolge gestikulieren und schließlich ein Totenkopf. Alles in allem eine Signation die vor allem Kindern und Jugendlichen einen Schauer über den Rücken gejagt hat, die darüber stolperten, während sie auf die Ausstrahlung der Golden Girls warteten - warum auch immer der ORF glaubte sie so spät am Abend ausstrahlen zu müssen.








Rosa Elefanten



Ein Film der mir wie kein Anderer das Interesse am Zirkus verleidet hat war der Disney-Zeichentrickfilm Dumbo von 1941. Ein Film der heute vor allem für seine politisch-fragwürdigen Darstellungen in die Kritik genommen wird, aber auch auf herzzerreißende Weise Themen wie Mobbing und Ausgrenzung zum Thema macht. Darüber hinaus handelt es sich um einen sehr schönen, hervorragend produzierten Animations-Klassiker. Eine Szene die es jedoch fertig brachte mich und meine Geschwister in unseren Alpträumen zu verfolgen, war die Parade der Rosa Elefanten. Eine visuell eindrucksvolle, wenn auch psychodelisch-verstörende Szene die auf einer Halluzination des kleinen titelgebenden Helden Dumbo beruht, nachdem er aus Versehen Wasser aus einem Trog getrunken hat, in dem eine Flasche Champagner gefallen war. Der haarsträubende Horror dieses Segments beruht nicht nur auf den gezeigten Bildern, sondern auch dem unwirklichen Gesang, welcher in der deutschen Version besonders haarsträubend geraten ist.




 






Die grauen Herren




Ein weiterer Beitrag aus einer Verfilmung nach Michael Ende. 1986 kam die deutsch-italienische Produktion "Momo" ins Kino, um ein junges Waisenmädchen das sich gegen die sinistren Grauen Herren zur Wehr setzen muss, welche den Menschen ihre Zeit stehlen. Ebenjene zählen zu den größten Filmbösewichten der deutschen Filmgeschichte, die mit ihrem blassen, bürokratisch-anmutendem Erscheinungsbild in die 80er hineinpassen wie die Faust auf's Auge. Ihr Anführer wird gespielt von Armin Müller-Stahl, der eine brillante Performance abliefert. Für uns Kinder der 80er waren die Grauen Herren ein verstörender Blick in die dunkle Welt der Erwachsenen und auch wenn es uns noch nicht klar war, ein starkes politisches Statement.









The Undertaker




Anfang der 90er leisteten sich unsere Eltern endlich auch Kabelfernsehen, was es uns ermöglichte weit mehr zu sehen als die bisherigen 5 Sender FS 1, FS2, ARD, ZDF und BR. Hinzu kam unter anderem der Sportsender DSF mit seinem berühmten Werbespruch "Mittendrin statt nur dabei". Und mit ihm die Übertragungen der US-amerikanischen World Wrestling Federation, WWF (später: WWE), mit einigen der legendärsten Wrestlern aller Zeiten, wie Hulk Hogan, Bret the Hitman Hart, Sean Michaels... und unserem absoluten Liebling, dem dunklen, mysteriösen Undertaker. Was Wresting von anderen Sportarten unterscheidet sind seine Storylines, das Drama um die Charaktere, das in unseren jungen Köpfen umso mehr die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen ließ. Desto furchteinflößender und cool war der Undertaker, von dem es hieß er sei mit übernatürlichen Kräften ausgestattet und der sich in Momenten da es so aussah, als sei er bereits K.O. unerwartet wieder aufrichtete und seine Gegner mit kaltem Schrecken erfüllte. Wir hörten irgendwann auf damit uns Wresting anzusehen, aber der Undertaker alias Mark William Calaway legte noch bis 2020 eine beeindruckende Karriere hin,









Dagobert




Abseits der Fiktion sorgte auch die Medienberichterstattung gelegentlich für verstörenden Output. Zwischen 1988 - 94 trieb der mysteriöse Verbrecher Arno Funke sein Unwesen in Deutschland, dem die Presse den Namen "Dagobert" gegeben hatte. Er verübte Bombenanschläge in mehreren Kaufhäusern in ganz Deutschland und erpresste die Betreiber um enorme Geldsummen. Dabei gelang es ihm stets mit großem Geschick und Einfallsreichtum die Polizei an der Nase herumzuführen. Dies brachte ihm zwar große Sympathien in der Öffentlichkeit, die Ungewissheit wann und wo er als nächstes zuschlagen könnte hinterließ allerdings auch einen bitteren Beigeschmack. Für uns Kinder kam er einem kriminellen Supergenie gleich, das uns ein bisschen Angst machte.


Funke wurde schließlich im Frühjahr 1994 gefasst, doch im Jahr 2000 bereits wegen guter Führung wieder freigelassen. Wie sich herausstellte war er gar kein so schlechter Mensch: Er hatte bei seinen Anschlägen stets darauf geachtet, dass niemand verletzt wurde, was ihm leider nicht immer gelang. Auch litt er seinerzeit an einer schweren Depression, der er mit seinen abenteuerlichen Aktionen Herr werden wollte. Heute arbeitet der hochbegabte Berliner als Grafiker und Autor, tritt gelegentlich im Fernsehen auf und stand sogar schon mit den überlebenden Mitgliedern der Ton Steine Scherben auf der Bühne.   



 


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EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.