ARTIS FUTURA - DIE ZUKUNFT DER KUNST

Die Zukunft hat längst begonnen. Doch wo Industrie und Wissenschaft einen Schritt weiter sind, wo bleibt die Kunst und welche Wege kann sie noch beschreiten?


(C) Z-Machines



Wie andernorts bereits erwähnt hat die Kunst im Laufe der Jahrtausende eine beachtliche Entwicklung hinter sich gebracht. Sich vom bloßen Handwerk zu einer eigenen Disziplin weiterentwickelt, die weit über die Erzeugung hübscher Objekte und das Erzählen anregender Geschichten hinausgeht. Jede Ära wollte der vorangegangenen einen Schritt voraus sein, alten Werten trotzen und ihr eigenes Ding durchziehen: Die Romanik, die Gotik, die Renaissance, das Barock, der Klassizismus, die Moderne, die Postmoderne... 


Schließlich hat die Kunst einen Punkt erreicht, wo es weniger darum ging immer GEGEN alles Mögliche sein zu müssen, sondern das volle Potential auszuschöpfen, Sich sowohl dem Neuen zu öffnen als auch Altes neu zu entdecken; andere Kulturen und Fächer zu beobachten, aufzugreifen, zu adaptieren. Quer durch die Bank alles nur Denkbare auszuprobieren. Die Traditionalisten und Eliten standen dem anfangs eher skeptisch gegenüber, sprachen von der "Neuen Beliebigkeit". Das Wort das ihnen eigentlich dazu hätte einfallen sollen wäre "Diversität" gewesen. Sie ist es welche die KünstlerInnen zunehmend aus dem enggefassten Kunstbegriff heraus führt. Doch wohin lenkt uns diese Entwicklung? Was werden wir in 100 Jahren noch unter Kunst verstehen? Und welche vielversprechenden Ideen haben schon jetzt ihren Anfang genommen?




Kunst und Technologie



Die Kunst wuchs stets mit den Möglichkeiten ihrer Zeit. Etwas das man heute sehr eindrucksvoll beobachten kann, da es innovative Technologien noch und nöcher gibt. Das Computerzeitalter brachte uns Software, das Internet, Plattformen zum Arbeiten. Es gibt heute moderne Projektionsgeräte, 3D-Drucker und Interfaces die es uns ermöglichen Projekte auf eine Art und Weise umzusetzen wie wir es uns in unseren kühnsten Träumen nicht hätten ausmalen können. Doch ist das erst die Spitze des Eisbergs.


Schon jetzt gibt es Künstliche Intelligenzen die wir mit Input füttern können und die einen Output erzeugen, der schon fast kreativ wirkt. Es wird an Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine gearbeitet, an neuralen Interfaces die uns erlauben Kunst ganz neu zu generieren. In diesem Beispiel zeigt uns das Team von H.A.U.S. research ihre Versuche die Gehirnströme des österreichischen Multiinstrumentalisten Herbert Könighofer anzusteuern, damit dieser mittels seiner Gedanken musizieren kann...






Der englische IDM-Musiker Tom Jenkinson AKA Squarepusher, seines Zeichens ein großer Jazzfreund, kooperierte 2013 mit einem Team japanischer Robotiker das unter dem Namen Z-Machines komplexe analoge Musikstücke umsetzt, die für einen normalen Menschen schon nicht mehr spielbar sind. Das Ergebnis erschien 2014 auf der Squarepusher-EP Music for Robots.


Die Kritiken waren gemischt. Das Gehörte war durchaus eindrucksvoll, ihm wurde aber auch eine gewisse Emotionslosigkeit vorgeworfen, ein Mangel an Seele. Bei aller Kritik sollte man aber auch entgegenhalten, dass hier immer noch Traditionen und Wertvorstellungen in den Hinterköpfen der Menschen poltern könnten. So mancher verunsicherte Jazzmusiker der sein ganzes Leben darauf hingearbeitet hat seine Skills bis zur Perfektion zu verfeinern, dürfte sich auch ganz schön redundant vorkommen. Meine bescheidene Meinung ist, dass es sich hier um prima Musik handelt, die mich aber keineswegs davon abbringt auch weiterhin Menschen bei ihrem fantastischen Jazzspiel zuzuhören. Denn im Jazz geht es immerhin um Kommunikation und bei einem guten Jam fühlt man sich gerne angesprochen!





Auch in anderen Gebieten der Wissenschaft wird bereits fleißig Hand angelegt. Die slowenische Intermedia-Künstlerin Maja Smrekar arbeitet beispielsweise im Bereich der Biotechnik und experimentiert mit dem Genmaterial von Mensch und Hund. Dafür wurde sie sowohl in den Reihen der Kunst als auch der Wissenschaft bereits scharf kritisiert. Im Metier des Biohackings zeichnen sich, dank Technologien wie CRISPR neue Wege ab, den Mensch selbst als Gegenstand der Kunst auszubauen. Körperkunst, Tätowierungen und Piercings sind noch garnichts im Vergleich zu dem was mit Sicherheit noch auf uns zukommen wird - dazu später mehr!


Tanja Küchle hat 2019 für ARTE eine Dokumentation gedreht die sich mit dem Thema "Wie sieht die Kunst der Zukunft aus?" noch weiter befasst. Wenn ihr eine Stunde eurer Zeit aufbringen könnt, sie ist sehr sehenswert...







Immersive Art




In den vergangenen Jahren habe ich zunehmend einen Trend hin zur Immersiven Kunst beobachtet. Das Eintauchen in Kunst als Erlebniswelt in einer Vielzahl unterschiedlichster Ausprägungen. Von begehbaren Ausstellungen, dem Spiel mit Virtueller und Augmentierter Realität, bis hin zu Rollenspielen und transmedialen Spurensuchen. In meiner Artikelreihe Dark Oddities erwähnte ich bereits das amerikanische Kollektiv Meow Wolf, das sich zu einer Kunst und Entertainment-Firma zusammengeschlossen hat, um mit internationalen KünstlerInnen begehbare Installationen zu erschaffen. Wie Omega Mart, eine surreale Parodie auf amerikanische Supermarktketten. In selber Reihe sprach ich auch von den sogenannten ARGs, kurz für Alternative Reality Games, die dazu einladen über alle möglichen Kanäle, sei es im Internet oder im wirklichen Leben, einem Narrativ, meist ein Mysterium oder fiktives Verbrechen nachzugehen.


Wer weiß, vielleicht besteht ein guter Teil der "Artis Futura" aus dem Experiment mit der Realität an sich. Grenzen die beispielsweise unsere Genderidentität betreffen werden schon jetzt aufgebrochen. Doch was ist mit der Definition der Spezies Mensch an sich? (Zu dem Thema lege ich meine beiden anderen Artikel Was ist Transhumanismus? und Was ist Transformation Fiction? sehr ans Herz.) Wir sind dazu in der Lage mehr zu sein als bloße Homo sapiens! Was uns zum gegebenen Zeitpunkt einbremst, ist die leider immer noch gegenwärtige Intoleranz und Prüderie, wobei diese loszuwerden erst recht ein Ansporn sein dürfte, die Fühler auszustrecken.


Soll nicht heißen, dass man der Natur zwangsläufig den Rücken kehren muss! Vielleicht führt uns das sogar wieder näher an sie heran. Wer einen aufmerksamen Blick auf die immer beliebter werdenden Mittelalterfeste und Conventions wirft erkennt, dass durchaus ein großes Interesse vorhanden ist, seien es nun die LARPer oder die Cosplayer, die ihren Traum ausleben Ritter, mystische Fabelwesen und Waldbewohner zu sein. Wer sagt denn, dass sich hier in Zukunft nicht eine größer werdende Nische finden wird, auch hinsichtlich dem was ich zuvor von Biohacking erzählt habe. Ebenfalls wird sich hier ohne Zweifel die Kunst in all ihrer Vielfalt wiederfinden, die auf Altes zurückgreifen, aber auch dem Neuen, Anachronistischem nicht gänzlich abgeneigt sein wird.   






NFTs



Gut, sprechen wir über ein mir weniger sympathisches Thema: Geld! Ein großes Problem am gegenwärtigen Kunstmarkt, insbesondere was die Digitale Kunst betrifft, ist die nie enden wollende Copyright-Thematik. Wem gehört das Werk und wer darf was damit? Ein neuer Trend der diese Fragen auf die Hörner nimmt ist das sogenannte NFT, ein Kürzel für Non-Fungible Token. Dabei handelt es sich um ein System das den Handel und das Sammeln digitaler Güter erleichtert. Die Werke werden mittels einer eigens generierten Kryptosignatur zertifiziert und gelangen so offiziell in den Besitz einzelner Personen und Gruppen. Was aber nicht automatisch bedeutet, dass keine Kopien oder Veränderungen des Werkes mehr vorgenommen und geteilt werden dürfen.


Seit Beginn der 2020er herrscht ein enormer Hype was NFTs angeht. Es heißt man könne damit als KünstlerIn Millionen verdienen oder zumindest mehr als im "Real Life". Man verdiene selbst dann noch mit, wenn das Werk weiterverkauft werde. Auch könne man einen viel freieren Handel betreiben, ohne Mittelsmenschen die den Markt steuern und letztlich in ihre eigene Tasche wirtschaften. Unterm Strich scheint es sich um ein wegweisendes und profitables System zu handeln. Über dem NFT-Himmel brauen sich allerdings schon graue Gewitterwolken zusammen. Es heißt der CO²-Fussabdruck von NFT-Transaktionen nehme - ähnlich wie bei der Kryptowährung Bitcoin - schon besorgniserregende Ausmaße an. Es gibt aber auch Stimmen die hier von einer großangelegten Propaganda der Großbanken und anderer Personen in hohen Positionen sprechen, die allem was mit Krypto-Transaktionen zu tun hat am Liebsten den Garaus machen möchten. Nicht zuletzt da es ihre eigenen, korrupten Geschäftemachereien zunichte macht! Was dran ist wage ich als Laie nicht zu sagen. Nichtsdestotrotz ist klar, dass sich der Kunstmarkt langfristig verändern wird (müssen) und Digitale Kunst zunehmend an Bedeutung gewinnen wird!









Kunst als Credo



Zuletzt noch weniger eine Meinung als eine Überlegung meinerseits. Österreichs wortgewandtester Kabarettist Günther Paal alias Gunkl sprach einst in seinem Programm 'Glück - eine Vermutung':


"Jede Gesellschaft braucht ein höchstes Gut, einen höchsten Wert. Da sind wir früher mit Gott ganz gut durchgekommen, ein Zentralwesen der Verantwortlichkeit, wenn wir dem gefallen, also mehr geht nicht! (...) Das höchste Gut muss schon einmal von allen akzeptiert werden (...) Das höchste Gut, unter dem sich die Gruppe versammelt, muss auch unbedingt etwas sein, was nicht beweisbar ist. (...) Weil wenn es bewiesen ist, dann braucht man es ja nicht mehr zu glauben. Und wenn ich etwas glaube, das ist ja eine bewusste Entscheidung, dann bin ich aktiv dran beteiligt, dann bin ich dann wo dabei, als Mitgestalter; dann möchte ich mich auch nicht geirrt haben. Da wird die anfängliche Entscheidung, etwas zu glauben, stillschweigend aber sehr effektiv abgelöst durch die Notwendigkeit, nicht als Trottel dastehen zu wollen." Und so weiter!


An der Idee von Gott als höchstem Gut haben Wissenschaft und Aufklärung über die Jahrhunderte ordentlich gerüttelt, was einige Leute furchtbar desillusioniert und die Dynamik des Ganzen ziemlich schwammig gemacht hat. Gunkl schlug als Ersatz scherzhaft die Wirtschaft vor. Die verstünden auch nur die Wenigsten wirklich und es herrsche (noch) der Glaube vor, sie sei der Stein der Weisen. Ganz nach dem Motto: Geht's der Wirtschaft gut, geht's uns allen gut! Meine Frage ist nun: Warum nicht die Kunst? Sie deckt alle erwähnten Punkte ab: Kunst ist vielfältig, da ist für jeden was dabei, an Akzeptanz dürfte es daher nicht fehlen! Dass es Kunst gibt wissen wir zwar, aber WAS alles Kunst ist hängt davon ab was wir glauben. Beweisen lässt es sich nicht, da es keinen universellen, allgemeingültigen Kunstbegriff gibt. Und wir alle sind Mitgestalter, ob es uns nun darum geht nicht als Trottel dazustehen oder nicht! Wir leben in dieser Welt, wir besitzen das Potential in ihr konstruktiv zu wirken und uns eine große Zukunft aufzubauen...


#FEEDBACK

von Manuel Waldner 25. Mai 2025
Österreichs YouTube-Szene hat ein aufstrebendes Gesicht: Kanya, die mit ihrem Kanal "Kanya fragt nach" bereits in jungen Jahren – noch keine 16 – eine beeindruckende Liste an prominenten Interviewpartnern vorweisen kann. Normalerweise ist sie diejenige, die mit scharfsinnigen Fragen das Innerste bekannter Persönlichkeiten erkundet. Doch nun dreht sich der Spieß um: In einer spannenden Begegnung, initiiert von einem Freund des Kollektiv Magazins, stellt sich Kanya selbst den Fragen – und zwar niemand Geringerem als Werner Gruber, Österreichs ebenso schillerndem wie scharfsinnigem Paradephysiker. Der Mann, der komplexe Wissenschaftsthemen mit spielerischer Leichtigkeit und einer Prise Wiener Schmäh unters Volk bringt, nimmt diesmal die junge Medienmacherin ins Visier. Mit gewohnter Neugier und analytischem Scharfsinn hinterfragt Gruber die Triebfedern und Visionen der Teenagerin, die trotz ihrer Erfolge vor der Kamera eine klare Zukunftsperspektive hat: die Schauspielerei. Es verspricht ein faszinierendes Zusammentreffen zweier Generationen und zweier Welten zu werden – ein Gespräch, das nicht nur Kanyas Motivationen beleuchtet, sondern auch einen einzigartigen Blick auf die Ambitionen einer jungen Frau wirft, die bereits jetzt die österreichische Medienlandschaft aufmischt.
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Die Nächte in Reykjavík flüstern von Maschinen und Träumen. Ein Echo hallt durch die Dunkelheit: "Afrit... Afritvél..." Die "Kopiermaschine" surrt unheilvoll, bereit, mehr als nur Tinte zu übertragen. Sie saugt Sehnsüchte auf, projiziert Bilder auf eine Leinwand der Besessenheit. Eine junge Frau steht im Scheinwerferlicht ihrer Fantasie, eine Königin auf einer Bühne, die nur in ihrem Kopf existiert. Doch der Glanz trügt. Hinter der polierten Fassade brodelt eine dunkle Wahrheit. Eine unheilvolle Entdeckung in der Stille des Kopierraums. Ein Stil kopiert bis ins kleinste Detail – und mit ihm ein Schatten des Endes. Angst kriecht unter die Haut, eine unstillbare Gier nach etwas, das nicht ihr Eigen ist. Warum diese tiefe Traurigkeit im Herzen, wenn die Oberfläche doch so strahlend ist? Sie tanzt auf einem schmalen Grat zwischen Märchen und Realität, unantastbar in ihrer eigenen Welt. Der Kopf hoch erhoben, ein flüchtiger Stern am Nachthimmel. Doch das "La-La-Land", in dem sie lebt, droht zu zerbrechen, ihre Handlungen hinterlassen Spuren der Zerstörung. Ist dieser gefährliche Pfad wirklich der Weg in die Freiheit? Die Maschine flüstert weiter, verlangt nach mehr. Träume sollen kopiert, Strahlen fixiert werden. Nicht nur der Wunsch nach dem Rampenlicht, sondern das Verlangen, das innerste Wesen zu duplizieren – "Afrit, Afritvél, viltu afrita genið?" Willst du das Gen kopieren? Teure Kleider, ein perfekt gestyltes Haar – eine Rüstung gegen die Welt. Die hasserfüllten Blicke prallen ab an einer Mauer aus Ignoranz. Prada als Schutzschild, während in den Casinos von Las Vegas ein riskantes Spiel mit dem Schicksal getrieben wird. Und dann diese Visionen: Einhörner und Engel, ein Kuss am Abgrund, ein Aufstieg in einen violetten Himmel. Ein flüchtiger Moment der Erlösung, in dem die Freiheit in den Augen glitzert. Doch ist es echt? Oder nur ein weiteres Bild, projiziert von der unheimlichen Maschine? Die "Afritvél" läuft unaufhaltsam weiter, eine Metapher für eine gefährliche Suche nach Identität. Eine Geschichte von Besessenheit, von der trügerischen Verlockung der Nachahmung und dem verzweifelten Wunsch, jemand anderes zu sein. Lausche genau, denn in den elektronischen Beats und dem eindringlichen Gesang verbirgt sich eine dunkle Wahrheit über den Preis der Freiheit und die Zerbrechlichkeit des Selbst. Hier gibt es mehr Informationen zum Musikprojekt: https://www.kollektiv-magazin.com/ai-musikprojekt-dominion-protocol