ARTARIUM - DAS ETWAS ANDERE KUNNSTBIOTOP

Neinein, die Schreibweise stimmt schon! Denn Kunnst kommt von Können, Beispiel: "Kunnst da des vuastön?"

(C) Radiofabrik - Peter.W. und Norbert K Hund von der Artarium-Crew moderieren das Radiofabrik-Fest 2009.



Für Fische gibt's das Aquarium. Für Echsen das Terrarium. Und für die Kunst? Die Antwort dürfte klar sein! 2007 begann ich (Peter.W.) im Freien Rundfunk Salzburg, besser bekannt als die Radiofabrik , eine Sendereihe mit Schwerpunkt Kunst und Subkultur. Als freischaffender Künstler in Salzburg hatte ich mehr oder minder überall meine Finger im Spiel, verfügte über ein riesiges Netzwerk an KünstlerInnen, Kulturveranstalter und Aktivisten. Denen wollte ich in meiner Sendung ein akustisches Wohnzimmer für gemeinsame Gespräche, Minikonzerte und Experimente zur Verfügung stellen. Im ersten Jahr begrüßte ich Gäste aus der freien Theaterszene, den französischen Noise-Elektroniker Tramb, ARGE Rainberg-Legende Berni Rothschädl und viele mehr.


So richtig in Fahrt kam das Artarium aber erst, als Autor, Aktionist und Wortgewalttäter Norbert K Hund dazustieß. Er erweiterte das relativ lose Konzept der Sendung um seine Idee des Kunnstbiotops, das er bereits 1994 im Rahmen des Ö1 -Features Im Schatten der Mozartkugel – Salzburg abseits der Hochkultur  zur Sprache gebracht hatte. Ihm zufolge ist ein Kunnstbiotop ein Ort oder Zustand in dem Kunst einfach "passieren" kann ohne einem niederen Zweck zu dienen oder profitbringend verwertet zu werden. 








2008 bestritten ich und Norbert das Artarium gemeinsam mit einer Vielzahl jugendlicher Gastmoderatoren, was dem Ganzen zusätzlich einen generationenübergreifenden Anstrich verlieh. In diesem Jahr gingen wir auch einige etwas pikantere Themen an, wie die Kunst der Selbstbefriedigung  mit der Künstlerin Mea Schönberg, die damals in der Szene vorherrschende Freiraum-Bewegung (später abgelöst durch die Leerstandsthematik), Geld und Macht, sowie die Piratenradios zu Beginn der 1990er Jahre. Für letztere Sendung erhielten wir sogar als Allererste den salzburger Medienpreis Radio Schorsch .



 




2009 endete meine Teilnahme an der Sendung aufgrund künstlerischer Differenzen, da Norbert ein sehr "intensiver" Charakter ist. Ich schob allerdings noch eine Dokumentation über die Mildenburg, eine WG damals erfolgreicher salzburger Musiker nach, wie auch das Artarium-Mixtape-Projekt. Ein Kassetten-Sampler der On Air ging und analog auf Kassette aufgenommen werden konnte, koordiniert nach dem Anrufbeantworter-Prinzip ("Drücken sie Play&Rec nach dem Piep!") 








Norbert K Hund und sein "Welpenkorb" setzten die Sendung allein fort, wobei sich der Fokus zunehmend von lokalen Ereignissen entfernte und eine weltoffenere Gestalt annahm. Nennenswerte Sendungen aus dieser Zeit waren der Rio Reiser-Schwerpunkt, die Thematisierung von #UniBrennt, die Interviews mit Günther Paal und Jochen Malmsheimer um nur Einiges zu nennen. 


Mit dem Artarium ging es steil bergauf. Die Sendung glänzte zunehmend mit einer dynamischen Gemütlichkeit, Wortgewandtheit und Witz die ihr Wiederholungen auf anderen freien Sendern in Österreich und Deutschland einbrachte. Sie hatte auch ein paar Ableger wie die mehrstündige, ebenfalls von Norbert K Hund produzierte Musik und Literatur-Wohlfühlsendung Nachtfahrt Perlentaucher


Mittlerweile gibt es das Artarium seit 13 Jahren, vornehmlich moderiert von Norbert und seinem Lebensmenschen, dem Autor und Obmann der Salzburger Autoren Gruppe Christopher Schmall (seit 2011). Nachhören kann man die Sendungen im Archiv der Freien Radios:

https://cba.fro.at/series/artarium

#FEEDBACK

von Manuel Waldner 6. September 2025
HOSE RUNTER: DER PODCAST VOR SHOW DE TOILETTE
von Peter.W. 5. September 2025
Das Mark des Lebens aussaugen
von Manuel Waldner 5. September 2025
DR. MICHAEL HOCH & DI DR. NORBERT FRISCHAUF
von Manuel Waldner 23. August 2025
EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.