TINY HOUSE - KLEINER DENKEN, GRÖSSER LEBEN

Was ist schon normal? Oder spießig? Oder öko?

Es gibt so viele verschiedene Arten von Menschen, so viele verschiedene Verhaltensweisen und Einstellungen. So viele verschiedene Lebensstile.  Um es noch weiter auszuführen:
Berufe, Konfessionen, Sprachen, Überzeugungen. Und.. Arten, zu Wohnen?
Wohnen ist doch ein riesengroßer Bestandteil von Leben. Oder nicht?

Lustigerweise, finde ich, haben die meisten Menschen in unserer westlichen Gesellschaft, trotz dieser immensen Diversität an verschiedenen Charakteren und Persönlichkeiten, doch fast alle dieselbe Vorstellung vom Wohnen - davon, wie ihr Eigenheim, ihr Zentrum des Wohlbefindens, auszusehen hat.

Aber warum ist das so?

Ich kann die Frage nicht beantworten. Jedoch hier ein kleiner Denkansatz: Vielleicht könnte es etwas damit zu tun haben, dass dieser freie und relativ sorgenlose Zeitabschnitt innerhalb unserer Geschichte, in dem wir - privilegierten Individuen, die sich zu dem reichsten einen Prozent der Weltbevölkerung zählen dürfen - uns gerade befinden, einfach noch nicht lange genug andauert, um neben einer Neuerfindung von uns selbst, zeitgleich auch noch eine Erneuerung unserer Wohngegebenheiten umsetzen können. 
Das kommt aber nach und nach. Unser Mindest scheint sich immer weiter wegzubewegen von dem aus kriegs - oder auch nachkriegszeitlichen „Sicherheitsdenken“. So gesehen hat es eine Zeit wie diese, die wir seit ein paar Jahrzehnten bei uns vorfinden, noch nie gegeben. Anstatt sein Leben so vorsichtig und risikofrei wie möglich zu führen, wie es etwa in der Nachkriegszeit der Fall war, sind wir jetzt in einer Phase angelangt, in der es uns ermöglicht - ja sogar fast schon auf den Servierteller gelegt wird, nach mehr zu streben als lediglich Sicherheit.

Mit jedem vergehenden Jahr ohne Krieg, ohne Umweltkatastrophen, ohne einen Zusammenbruch der Wirtschaft, können wir uns mehr entspannen und zurücklehnen. Darauf vertrauen, dass wir weiterhin im Wohlstand leben werden, zumindest für die nächsten ein bis zwei Jahrzehnte. Man legt den Fokus immer mehr auf Lebensqualität, statt darauf, seinen Lebensunterhalt auf Teufel-komm-raus bestreiten zu können. Dieser Trend weg von strikter Unterordnung und hin zu freieren und selbstbestimmteren Menschen ist deutlich zu spüren. Und schön langsam macht sich dieser Trend auch beim Thema Wohnen bemerkbar. 
Das Tiny House - Die etwas andere Idee vom Wohnen, oder auch Das Mobile Zentrum des Wohlbefindens, das obendrein noch ressourcenschonend ist. Für mich eine Art des Wohnens, oder besser gesagt ein Lifestyle, der den Nerv der Zeit trifft. 

Für diejenigen, die nicht so ganz wissen, was mit dem Begriff „Tiny House“ gemeint ist: Das sind sogenannte „Kleinsthäuser“ es handelt sich also um die kleinste Art von Wohngebäuden. Diese sind meist auf Rädern gebaut, sprich, man kann sie jederzeit umsiedeln. 

Tiny Häuser sind zwischen zehn und 55 Quadratmeter groß und haben ursprünglich eine konventionelle Form mit einem Satteldach. Vor allem in Zeiten steigender Mieten - sowie dem stetig wachsenden Wunsch nach mehr Freiheit - werden alternative Wohnmodelle wie diese immer interessanter. Zudem lebt es sich auf kleinem Raum günstiger und das Tiny House gilt noch dazu als sehr ressourcenschonend. Ideen hierzu liefert die Tiny-House-Bewegung, die in den USA seit Anfang des Jahrhunderts versuchen, das „Downsizing“ einer breiteren Masse zugänglich zu machen. Ein Trend, der allmählich - ich würde sagen endlich - auch in Europa ankommt. 

Doch was viele davon abhält, sich ein kostengünstiges Mini-Häuschen zu kaufen (die Kosten betragen im Durchschnitt etwa 20.000 Euro), ist bis dato noch die Schwierigkeit, einen geeigneten Bauplatz zu finden. Einfach mal so ein Miniatur-Haus irgendwo hinzubauen, erlauben die Gesetze nicht. Hierfür wäre es also auf jeden Fall von großem Vorteil, wenn man schon ein Grundstück besitzt. Denn, wenn ein Häuschen nicht nur als Gartenhütte benutzt wird, braucht man in Österreich und Deutschland eine Baugenehmigung. Ganz so einfach ist es also nicht, sich mal eben den Traum vom eigenen Tiny House zu erfüllen. Und ein Leben im Bauwagen, also, mit seinem mobilen Haus immer wieder den Standort zu wechseln, erweist sich als Grauzone. 

Der Wandel ist aber deutlich sichtbar: Reduziertes Wohnen ist nicht mehr nur bei Aussteigern beliebt. Der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben, wozu natürlich auch das selbstbestimmte Wohnen zählt, wird in der Gesellschaft immer größer. Selbst zu entscheiden, wo und wie man lebt. Mehr Lebensgefühl auf weniger Raum. Ein Zuhause, perfekt angepasst an die eigenen Bedürfnisse. 

Recht interessant ist außerdem, dass es diese Mini-Häuser auf Rädern schon erstaunlich lange gibt - nämlich bereits seit den 1920er-Jahren. Die Idee war es, die Mobilität des Autos mit der Behaglichkeit des eigenen Zuhauses zu verbinden. Die Sehnsucht nach kleinen Zufluchtsorten schlummert also schon lange in uns - Die Zeit der Umsetzung kommt jetzt. 
Fotocredits:

Tiny House auf PKW-Anhänger / Wikimedia Commons User: Küste

The interior of a tiny, mobile house in Portland, Oregon. / Wikimedia User: Tammy

Luise Loué, Wikimedia Commons, Museum der Liebe im Tiny House in Utting am Ammersee

Example of a tiny home, built amidst nature, https://www.flickr.com/photos/benchun/3625699371 / Wikimedia Commons User: Ben Chun

#FEEDBACK

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Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.