NEBEN DEN HITS

Jeder kennt sie! Sie sind berühmt, sie sind heiß... aber was machen sie sonst so? Was sind ihre weniger bekannten Projekte?





Graham Coxon



In den 1990ern war die britische Gruppe Blur ganz groß. Sie lieferte sich mit Oasis den ultimativen Wettstreit um den Titel der besten Britpop-Band aller Zeiten. Diesem Siegeszug knüpfte Bandleader Damon Albarn im Jahr 2000 mit den von Jamie Hewlett gezeichneten Gorillaz an, die mit Hits wie Clint Eastwood und Feel Good Inc. noch größere, internationale Erfolge verbuchten und Albarn den Weg zu einem der größten Musikern unserer Zeit ebneten.


Weniger bekannt ist, dass Blur-Gitarrist Graham Coxon bereits ab 1998 eine Reihe grandioser Soloalben aufnahm, die er auf seinem eigenen Indie-Label Transcopic veröffentlichte, die er sich mit Geheimtipp-Bands wie Mower, Neon, Assembly Line People Program, Billy Childish and the Buff Medways teilte. Obwohl nicht ganz so erfolgreich wie Freund und Kollege Damon Albarn, blickt Coxon mittlerweile auf eine solide Karriere zurück. Sein 2000 erschienenes zweites Studioalbum The Golden D mag kaum bekannt sein, zählt aber zu seinen absoluten Klassikern. Neben Lo-Fi, Punk und Indie Rock, sowie einem Hauch von Funk, beinhaltet es Coverversionen von Fame and Fortune. sowie That's When I Reach For My Revolver der bostoner Post-Punk-Gruppe Mission of Burma. 





Tappi Tikarrass


Die isländerische Musikerin und Sängerin Björk Guðmundsdóttir zog Anfang der 1990er nach London, um sich nach einigen Bandprojekten voll und ganz ihrer Solokarriere zu widmen. Der Erfolg gab ihr Recht! Mit Hits wie "Human Behavior", "It's Oh So Quiet" und "Army of Me" traf sie voll den Puls der Zeit. Sie war neben Portishead, Tricky und Massive Attack eine der treibenden Kräfte des 1990er Trip Hop, kooperierte mit allen möglichen Musikern aus den unterschiedlichsten Genrés und überzeugte auch als Schauspielerin in Lars van Trier's verstörenden Musikdrama Dancer in the Dark. Heute ist Björk eine lebende Legende des kunstaffinen Popbetriebs.


Aber zurück in die Vergangenheit: Zu den bereits erwähnten Bandprojekten, in die Björk bereits in ihrer Schulzeit involviert war, gehörte die 1981 in Reykjavík gegründeten Tappi Tíkarrass, die Elemente von Funk, Disko und vor allem Punk in sich verbanden. Es war Björk's erstes, wirklich ernsthaftes Projekt und ebnete ihr den Weg für die kommenden Jahre. Miranda war ihr erstes, komplettes Album aus dem Jahr 1983, das von amerikanischen Musiklegende Tony Cook produziert wurde. Die Band löste sich im selben Jahr auf, kam 2017 aber noch einmal für ein Reunion ohne Björk zusammen.





The Fireman


Paul McCartney zählt zu den ganz Großen im Business. Als Mitglied der Beatles schrieben er und John Lennon einige der großartigsten Klassiker der Popgeschichte wie Yesterday oder Eleanor Rigby. Dem folgte eine solide Karriere mit den Wings und Solo, im Verbund mit anderen Stars wie Stevie Wonder oder Michael Jackson. Er spielt bis heute, füllt Säle auf der ganzen Welt und setzt sich für zahlreiche Charities ein.


Ein Projekt von ihm das leider oft übersehen wird, da es nicht seinen sonstigen Mainstream-tauglichen Arbeiten entspricht, ist die 1992 zusammen mit Killing Joke-Bassist Youth gegründete Band The Fireman. Ihr Repertoire reicht vom durchaus experimentierfreudigen Rock bis hin zur Electronica. (Auch mir ist die Band nur durch Kollegen Manuel Waldner zu einem Begriff geworden, der gerne in den weniger befahrenen Gewässern der Musikgeschichte herumtümpelt und dazu neigt, einige hervorragende Perlen herauszufischen - Danke an dieser Stelle!) Electric Arguments ist ihr drittes Studioalbum aus dem Jahr 2008, das entgegen früherer Releases stimmlich mehr zu bieten hat, wenn auch weniger Sinn auf die Sinnhaftigkeit der Texte gelegt wurde. Insgesamt beschrieb McCartney seine Zusammenarbeit mit Youth an dem Album als Improvtheater, mit Zügen von Cut Ups im Stil von William S. Burroughs. Der Titel ist eine Anspielung auf Allan Ginsberg's Gedicht "Kansas City to St. Louis".





Brand X


Phil Collins war eine der treibenden Kräfte in der populären Rockmusik der 1980er, deren Sound er und seine Bandkollegen von Genesis stark beeinflussten. Collins trat der Band 1970 als Drummer bei und wurde 75 nach dem Abschied von Kollegen Peter Gabriel ihr neuer Leadsänger. Ab 1980 machte er sich auch im Alleingang einen Namen, produzierte einen großen Hit nach dem nächsten und kooperierte mit den Walt Disney-Studios, für deren Zeichentrickklassiker er einige Nummern komponierte, die in zahlreichen Sprachen übersetzt wurden.


Weniger bekannt ist seine 1975 gestartete Jazz fusion-Band Brand X, für die er als Drummer tätig war. Zu seinen Kollegen gehörten anfangs der Gitarrist John Goodsall, Bassist Percy Jones (der auch für Soft Machine spielte) und Keyboarder Robin Lumley (ein entfernter Verwandter von Joanna Lumley). Goodsall blieb der Gruppe aber als einziges bis heute aktives Mitglied erhalten. Ihr Debütalbum Unorthodox Behaviour von 1976 erreichte auf Anhieb Platz 191 in den amerikanischen Billboard Charts, ist heute aber mehrheitlich in Vergessenheit geraten. Es verbindet Jazz Fusion mit Elementen von Progressive Rock und zeigt eindrucksvoll was für ein flinker und grandioser Schlagzeuger Collins eigentlich ist.





Roxy Music


Brian Peter George St John le Baptiste de la Salle Eno, oder kurz: Brian Eno, ist eine Legende der populären Elektronischen Musik, bekannt für seine avantgardistischen Solowerke, als auch seine Zusammenarbeit mit Künstlern wie David Byrne von den Talking Heads, Robert Fripp von King Crimson, David Bowie an dessen Berlin-Trilogie er mitwirkte, U2 und Coldplay. Er prägte den Begriff der Ambient music, trug zudem Konzepte und technische Errungenschaften zur zeitgenössischen Musik bei.


1970 schloss er sich kurzweilig der englischen Glam art rock-Gruppe Roxy Music von Bryan Ferry an, deren gleichnamiges Debütalbum von 1972 er mit elektronischen Elementen verfeinerte. Das Album erhielt gute Kritiken und schaffte es auf Platz 10 der UK Album-Charts. 2019 wurden Roxy Music in die Rock'n'Roll Hall of Fame aufgenommen.



#FEEDBACK

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EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.