DIE GUTEN TAGE - DAS STÜCK ZUM ROMAN

Foto (C) Fabian Schober - Blick auf die Save mit Waterfront, von Kalemegdan, der alten Belgrader Festung



Am 2. Juni 2021 findet im Toihaus Salzburg die Uraufführung des Theaterstücks "Die Guten Tage" statt, nach dem gleichnamigen Roman des serbischen Autors Marko Dinić, der darin unter anderem seine Vergangenheit in Belgrad verarbeitet. Für die Bühne adaptiert haben es der Autor selbst und Regisseurin Felicitas Biller. Es spielen Dominik Jellen, Max Pfnür und Gudrun Plaichinger.

Coronabedingt wird das Ganze über Vimeo gestreamt, Tickets können ebendort zum Preis von 5 Euro erstanden werden.



Trailer






Über das Stück



Ein junger Mann reist für das Begräbnis seiner Großmutter zurück in seine Heimatstadt Belgrad, die er zehn Jahre zuvor auf der Suche nach einem neuen, glücklichen Leben in Wien verlassen hatte. Aber selbst im Exil begleiten ihn die Schatten seiner Herkunft.
Im „Gastarbeiterexpress“, dem Bus, der täglich zwischen Wien und Belgrad verkehrt, nehmen die Erinnerungen der Vergangenheit Form an: Seine Schulzeit, seine Familie und der Balkankrieg werden wieder lebendig, lassen ihn nicht zur Ruhe kommen. Dabei ringt er um seine Identität, sucht nach Antworten, will verstanden werden.


Recherchen in Belgrad im Herbst 2019, Online-Proben im Frühjahr 2020 und eine Verwandlung der geplanten Theateraufführung ins Filmische im Frühjahr 2021 – auch das Produktionsteam hat eine lange Reise hinter sich. Nun kommen sie aber, „Die guten Tage“ – wenn auch digital.


Als Bonusmaterial gibt es ein Gespräch über die ereignisreiche Zeit zwischen dem Autor Marko Dinić und der Regisseurin Felicitas Biller, moderiert von Josef Kirchner, dem Co-Leiter des Literaturfests Salzburg.



Über den Roman



Der Roman "Die Guten Tage" erschien 2019 im wiener Zsolnay Verlag und erhielt vorwiegend positive Kritiken. So schrieb Stefan Gmünder von derStandard: "Es stecken viel Historie, Zerfall und menschliche Unbelehrbarkeit in diesem Buch. Wie jede Literatur, wenn sie gut ist, verweist es vom Besonderen und vermeintlich Vergangenen auf das Allgemeine und Gegenwärtige, etwa auf die europäischen Chauvinismen der Jetztzeit." Burkhard Müller von der Süddeutschen: "Der Autor Marko Dinić erzählt so hart von der jugoslawischen Diaspora, dass es fast herzlos klingt. Dahinter aber verbirgt sich ein echter Schmerz, weit entfernt von Zynismus."  Christiane Müller-Lobeck von der Taz: "Der Roman (...) ist eine Auseinandersetzung mit toxischer Männlichkeit, serbischen Gastarbeitern und dem furchtbaren Vater." 


Worum also geht es: Um eine Reise. Eine Rückkehr in die prekären Verhältnisse eines von Krieg, Nationalismus und Ignoranz zerrütteten Landes, das sich weigert aus seinen Fehlern zu lernen. Einer Stadt die im Gegensatz zur Wahlheimat des Protagonisten, Wien, eine lebhafte und kritische Szene nur im Untergrund aufrecht erhält - wenn überhaupt. Ein Spiegel nicht nur für Serbien, sondern das gesamte zeitgenössische Europa, mit all seiner Korruption, rechten Hetze und sonstigen menschlichen Abgründe.




Über den Autor



Marko Dinić wurde 1988 in Wien geboren, wuchs als Sohn eines serbischen Beamten in Belgrad auf. 2008 zog er in die Stadt Salzburg, wo er ein Studium der Germanistik und Jüdische Kulturgeschichte absolvierte, während er sich zudem als Autor und Kulturveranstalter weiterentwickelte. 2012 wurde er zum Mitbegründer des Kunstkollektivs Bureau du Grand Mot, übernahm im weiteren Verlauf die Organisator des INTERLAB – Festival für transdisziplinäre Kunst und Musik und veröffentlichte in zahlreichen Lyrikpublikationen, ehe er die Arbeit an seinem ersten Roman begann. 2018, 30 Jahre nach seiner Geburt, zog er schließlich zurück nach Wien, wo er immer noch lebt.




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Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.