COVER HISTORY: THE WHO



Weihnachten 1948 reichte der britische Schriftsteller Arthur C. Clarke (1917 - 2008) die Short story "The Sentinel" für einen Wettbewerb der BBC ein. Das Werk stieß zunächst auf Ablehnung und verschwand in Clarke's Schublade, ehe es 1951 doch noch im Magazin 10 Story Fantasy veröffentlicht wurde und ihm zum Durchbruch als einer der wegweisendsten Science Fiction-Autoren des 20ten Jahrhunderts verhalf. In der Geschichte geht es um ein uraltes außerirdisches Artefakt in Form eines Tetraeders, welches von Astronauten auf dem Mond gefunden wird. Bei dem Versuch auf seine zweifelsohne fortschrittliche Technologie im Inneren zuzugreifen, wird das Artefakt 20 Jahre später versehentlich zerstört und mit ihm all seine Geheimnisse. Der Ich-Erzähler glaubt, dass es sich bei dem Objekt um einen Signalgeber gehandelt haben könnte und seine Erbauer, nun da der Kontakt abgebrochen worden wäre, früher oder später auftauchen würden. Doch alles was der Menschheit im Moment übrigbliebe, sei es zu warten.



Nach dem Erscheinen seines Films "Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb" (1964) begann sich Kultregisseur Stanley Kubrick zunehmend für Science Fiction zu interessieren. Roger Caras von Columbia Pictures, später Vizepräsident von Kubrick's Produktionsfirma Hawk Films, brachte ihn mit Clarke zusammen. Die nächsten vier Jahre verbrachten sie damit, basierend auf "The Sentinel", einen der epischsten Science-Fiction-Filmklassiker aller Zeiten und den dazugehörigen Roman zu kreieren: "2001: A Space Odyssey" (1968). Zu den Änderungen in der Geschichte zählte unter anderem, dass aus dem Tetraeder der heute bekannte schwarze Monolith wurde, der einen viel direkteren und gleichsam mysteriöseren Einfluss auf die Menschen hat. 


1971. Nach dem riesen Erfolg ihres vierten Studioalbums, der auf zwei Platten erschienenen Rockoper "Tommy" (1969) unternahm die englische Rockband The Who den Versuch eines legitimen Nachfolgeprojekts mit Science Fiction-Elementen namens "Lifehouse". Das großteils von Pete Townshend geschriebene Multimediavorhaben wurde allerdings zu komplex, auch stemmte sich Bandmanager Kit Lambert massiv gegen das Vorhaben, sodass es zugunsten eines mehr traditionellen Rockalbums fallengelassen wurde. Wobei acht der neun Songs, ohne die dazugehörigen Storyelemente, in das neue Album "Who's Next" gerettet wurden. Neu dazugekommen war lediglich John Entwistle's "My Wife".


Das Science-Fiction-Motiv hatte die Band aber noch nicht zur Gänze losgelassen. Und so kam es, dass die Band - samt Anhang - nach einem nächtlichen Gig in Dundee, Scotland über die Straßen der Grafschaft Durham rauschte und nahe der Stadt Easington Colliery auf drei oder vier rechteckige Betonsäulen aufmerksam wurden, die aus der vom Kohleabbau gezeichneten Landschaft ragten. Vor allem Entwistle und Keith Moon die sich im Vorfeld über Kubrick und "2001: A Space Odyssey" unterhalten hatten, erkannten in der Form der Säulen den bekannten Monolith wieder. Da dem neuen Album noch ein Cover fehlte, wurde der Entschluss gefasst der ebenfalls anwesende, amerikanische Fotograf Ethan Russell (der einzige Amerikaner der die Covergestaltung für die großen Drei - The Who, The Beatles und The Rolling Stones - machen durfte) solle doch seine Kamera zur Hand nehmen. 


Die Band versuchte mehrere Posen vor einer der Säulen, unter anderem eine Nachstellung jener Szene aus "2001: A Space Odyssey" in der sich die Menschenaffen vor dem Monolithen versammeln. Irgendwann begann Pete Townshend einfach dagegen zu pinkeln. Die Anderen griffen die Idee auf und wollten ebenfalls urinieren - sie mussten aber gerade nicht. So wurde die Szene stattdessen mit etwas Regenwasser gefaked. Dies war aber nicht das einzige Element das daran nicht echt ist. Russell überlagerte später noch den Himmel im Hintergrund mit einer Aufnahme die er während eines früheren Shootings gemacht hatte. Das Endergebnis gilt heute als eines der ikonischsten Coverbilder aller Zeiten. Was nur passend ist, denn auch das Album "Who's Next" selbst avancierte schnell zu einem absoluten Meisterwerk, auf das auch heute, 50 Jahre später, noch viel Wert gelegt wird. Es enthält einige der bekanntesten Stücke der Band: "Baba O'Reily" und "We Won't Get Fooled Again" die nicht nur Kennern des CSI-Franchise bekannt sind, sowie der beliebte Klassiker "Behind Blue Eyes".





Pete Townshend äußerte sich Jahre später kritisch über das Cover:

It’s another piece of shit.. I hate it. It’s a horrible thing. Just horrible. Of course I don’t like it. It’s got no artistic consequence whatsoever. No link to the music. It’s meaningless. It’s four guys stopping in a car and pissing up against a chunk of concrete. It was photographed by a very fine photographer in Ethan Russell, who, thank God, I really liked and used again for Quadrophenia, but I hate the front cover, I hate the back cover, I think it’s disgusting. I suppose the notion was that 2001: A Space Odyssey was the film of the moment [and we’re] pissing over this 2001 monolith — which is even stupider because I think we all thought the film was fabulous. There’s no irony in it, there’s no truth in it. Anyway, can we move on?


So verständlich seine Kritik auch sein mag, wird sie doch selten geteilt. Zumal man sich nur die Hintergründe durch den Kopf gehen lassen muss, die den Mitgliedern der Band damals nicht bewusst waren. Beispielsweise was es mit den rätselhaften Säulen bei Easington Colliery wirklich auf sich hatte: Der gesamte Hügel auf dem die Fotos geschossen wurden war eigentlich eine große Müllhalde, deren Massen von den Betonklötzen an Ort und Stelle gehalten wurden. Mit anderen Worten: Es war niemals Kubrick & Clarke's wundersamer Monolith, der eine Welt jenseits des "Teenage Wastelands" verspricht. Höchstens ein Sinnbild für all die leeren Hoffnungen und Illusionen denen wir uns hingeben, während unter uns die Halde wächst, welche uns die Luft jeden Tag ein wenig dünner und übler werden lässt. Die Säule anzuhimmeln wie ein paar Affen macht es nicht besser! Aber wenn man dagegen pinkelt, setzt man zumindest der Wahrheit ein Zeichen. Und wenn wir alle pinkeln bringen wir den ganzen Scheiß vielleicht sogar zum Einsturz... 

#FEEDBACK

von Manuel Waldner 25. Mai 2025
Österreichs YouTube-Szene hat ein aufstrebendes Gesicht: Kanya, die mit ihrem Kanal "Kanya fragt nach" bereits in jungen Jahren – noch keine 16 – eine beeindruckende Liste an prominenten Interviewpartnern vorweisen kann. Normalerweise ist sie diejenige, die mit scharfsinnigen Fragen das Innerste bekannter Persönlichkeiten erkundet. Doch nun dreht sich der Spieß um: In einer spannenden Begegnung, initiiert von einem Freund des Kollektiv Magazins, stellt sich Kanya selbst den Fragen – und zwar niemand Geringerem als Werner Gruber, Österreichs ebenso schillerndem wie scharfsinnigem Paradephysiker. Der Mann, der komplexe Wissenschaftsthemen mit spielerischer Leichtigkeit und einer Prise Wiener Schmäh unters Volk bringt, nimmt diesmal die junge Medienmacherin ins Visier. Mit gewohnter Neugier und analytischem Scharfsinn hinterfragt Gruber die Triebfedern und Visionen der Teenagerin, die trotz ihrer Erfolge vor der Kamera eine klare Zukunftsperspektive hat: die Schauspielerei. Es verspricht ein faszinierendes Zusammentreffen zweier Generationen und zweier Welten zu werden – ein Gespräch, das nicht nur Kanyas Motivationen beleuchtet, sondern auch einen einzigartigen Blick auf die Ambitionen einer jungen Frau wirft, die bereits jetzt die österreichische Medienlandschaft aufmischt.
von Peter.W. 21. Mai 2025
Über den Horror leerer Räume...
von Peter.W. 21. Mai 2025
Die ersten Male in Film und Kino
von Manuel Waldner 8. Mai 2025
Die Nächte in Reykjavík flüstern von Maschinen und Träumen. Ein Echo hallt durch die Dunkelheit: "Afrit... Afritvél..." Die "Kopiermaschine" surrt unheilvoll, bereit, mehr als nur Tinte zu übertragen. Sie saugt Sehnsüchte auf, projiziert Bilder auf eine Leinwand der Besessenheit. Eine junge Frau steht im Scheinwerferlicht ihrer Fantasie, eine Königin auf einer Bühne, die nur in ihrem Kopf existiert. Doch der Glanz trügt. Hinter der polierten Fassade brodelt eine dunkle Wahrheit. Eine unheilvolle Entdeckung in der Stille des Kopierraums. Ein Stil kopiert bis ins kleinste Detail – und mit ihm ein Schatten des Endes. Angst kriecht unter die Haut, eine unstillbare Gier nach etwas, das nicht ihr Eigen ist. Warum diese tiefe Traurigkeit im Herzen, wenn die Oberfläche doch so strahlend ist? Sie tanzt auf einem schmalen Grat zwischen Märchen und Realität, unantastbar in ihrer eigenen Welt. Der Kopf hoch erhoben, ein flüchtiger Stern am Nachthimmel. Doch das "La-La-Land", in dem sie lebt, droht zu zerbrechen, ihre Handlungen hinterlassen Spuren der Zerstörung. Ist dieser gefährliche Pfad wirklich der Weg in die Freiheit? Die Maschine flüstert weiter, verlangt nach mehr. Träume sollen kopiert, Strahlen fixiert werden. Nicht nur der Wunsch nach dem Rampenlicht, sondern das Verlangen, das innerste Wesen zu duplizieren – "Afrit, Afritvél, viltu afrita genið?" Willst du das Gen kopieren? Teure Kleider, ein perfekt gestyltes Haar – eine Rüstung gegen die Welt. Die hasserfüllten Blicke prallen ab an einer Mauer aus Ignoranz. Prada als Schutzschild, während in den Casinos von Las Vegas ein riskantes Spiel mit dem Schicksal getrieben wird. Und dann diese Visionen: Einhörner und Engel, ein Kuss am Abgrund, ein Aufstieg in einen violetten Himmel. Ein flüchtiger Moment der Erlösung, in dem die Freiheit in den Augen glitzert. Doch ist es echt? Oder nur ein weiteres Bild, projiziert von der unheimlichen Maschine? Die "Afritvél" läuft unaufhaltsam weiter, eine Metapher für eine gefährliche Suche nach Identität. Eine Geschichte von Besessenheit, von der trügerischen Verlockung der Nachahmung und dem verzweifelten Wunsch, jemand anderes zu sein. Lausche genau, denn in den elektronischen Beats und dem eindringlichen Gesang verbirgt sich eine dunkle Wahrheit über den Preis der Freiheit und die Zerbrechlichkeit des Selbst. Hier gibt es mehr Informationen zum Musikprojekt: https://www.kollektiv-magazin.com/ai-musikprojekt-dominion-protocol