UK-EXPORTS: PRIDE MONTH-SPECIAL

Always look on the pride side of life


In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1969 fand im new yorker Stonewall Inn, einem beliebten Treffpunkt für homo- und transsexuelle Gäste eine Razzia durch das NYPD statt. Es war dies das erste Mal, dass sich eine größere Ansammlung der LGBT-Gemeinde medienwirksam der Verhaftung durch die Polizei widersetzte und ein wichtiger Impuls im Kampf für Akzeptanz und Gleichberechtigung. Den "Stonewall riots" folgten viele andere Veranstaltungen und politische Märsche, wie die internationalen Gay Pride marches oder die Love Parade in Berlin. US-Präsident Bill Clinton erklärte schließlich den Juni 1999 zum ersten "Gay & Lesbian Pride Month", dem ein weiterer im Juni 2000 folgte. Eine Tradition die erst durch Barack Obama weitergeführt, um die gesamte LGBTQ+-Gemeinde erweitert und durch das Internet auch über die Grenzen Amerikas hinaus zelebriert wurde.


Was hat das nun mit britischem Humor zu tun? Wie sich herausstellt eine ganze Menge! Denn obwohl die Unterhaltungsindustrie seit jeher für ihre mehr "queeren" Tendenzen bekannt ist - etwas das früher als Schimpfwort, galt und mittlerweile zu einem Aushängeschild der Szene geworden ist  - hatten auch hier viele Comedians mit Vorurteilen, Benachteiligungen und Repressionen zu kämpfen, weshalb sie ihre persönlichen Präferenzen lieber für sich behielten. Mit ihren Anliegen auf die Straße zu gehen kam daher nicht in Frage, sie bedienten sich dafür aber ihrer eigenen subtilen Strategie: Dem Lachen! Denn Humor ist mehr als nur kurzweilige Unterhaltung, es ist ein Akt der Befreiung, was wir mit den folgenden Beispielen unter Beweis stellen möchten... 



Fun fact # 1


Die BBC feiert dieses Jahr ihren 100sten Geburtstag. Ihr erster Generaldirektor John Reith (1889 - 1971) galt als sehr konservativ und ein strikter Verfechter von Anstand und Moral. Dem entgegen ist seinen persönlichen Aufzeichnungen zu entnehmen, dass er mindestens eine leidenschaftliche Beziehung mit einem jungen Mann gepflegt haben soll.


Quelle: https://www.bbc.com/historyofthebbc/lgbtq/lgbtq-timeline








1. Douglas Byng



Douglas Coy Byng (1893 – 1987) war ein englischer Schauspieler und Musiker, der als erster Frauenimpersinator im britischen Fernsehen gilt. Seine Lieder waren gespickt mit sexuellen Innuendos und Doppeldeutigkeiten, die ihn mehr als einmal in Schwierigkeiten brachten. Doch der Erfolg gab ihm immer recht! Er war der erste Kabarettist dessen Name in großen Neonlettern am West End zu sehen war. Gegenüber Freunden und Bekannten gab er sich offen homosexuell. Etwas das er vor der breiten Öffentlichkeit lange Zeit geheim halten musste, auch da gleichgeschlechtliche Beziehungen im Vereinigten Königreich bis 1967 streng verboten waren. Byng blieb der Bühne bis zu seinem Tod im hohen Alter von 94 Jahren treu.  



2. Julian & Sandy



Round the Horne war eine BBC Radio-Sketchshow mit Kenneth Horne, die zwischen 1965 - 68 lief. Kreiert wurde sie von den beiden Chefautoren Barry Took und Marty Feldman, aus deren Feder auch die Rubrik Julian & Sandy stammt, deren titelgebenden Charaktere wiederum von Hugh Paddick und Kenneth Williams verkörpert wurden. Julian und Sandy sind ein schwules Pärchen, mit der es der ahnungslose "Straight man" Horne regelmäßig zu tun bekommt. Dass sich die beiden der Kunstsprache Polari bedienen - welche in der damaligen LGBT-Gemeinde weit verbreitet war - stiftet dabei nur noch zusätzliche Verwirrung. Aus heutiger Sicht mögen Julian & Sandy nicht ganz zu unrecht als schmerzhaft stereotyp aufgefasst werden. Ihre Präsenz im England der 1960er machte die breite Öffentlichkeit allerdings mit den angenehmeren Seiten des Schwulseins vertraut. Tatsächlich wurden Homosexuelle in den Medien damals, wenn überhaupt, als eher gescheiterte Existenzen dargestellt oder politisiert. 


 

Fun Fact # 2


1967 treten im Vereinigten Königreich die Antidiskriminierungsgesetze gegen homosexuelle Männer in Kraft. Erst drei Jahre später, am 6. August 1970 kommt es zum ersten Kuss zweier Männer im britischen Fernsehen. BBC Two strahlte an besagtem Tag eine Aufzeichnung von Christopher Marlowe's Edward II. aus, bei den betreffenden Männern handelte es sich um James Laurenson und Ian McKellen - ja, DER Ian McKellen!!!


Der erste Kuss zwischen Frauen folgte 1974 im TV-Drama Girl von James Robson und erfolgte zwischen Alison Steadman und Myra Frances.


Quelle: https://www.bbc.com/historyofthebbc/lgbtq/lgbtq-timeline



3. Agony



Zwischen 1979 - 1981 strahlte ITV die heute wenig bekannte Sitcom Agony aus, in deren Zentrum die Radioratgeberin Jane Lucas (Maureen Lipman) stand. Die Serie zeichnete sich aber vor allem dadurch aus, dass sie die erste britische Sitcom war die ein realistisches schwules Pärchen zeigte, Michael (Peter Denyer) und Rob (Jeremy Bulloch), die entgegen damals üblicher Klischees als nicht-klischeehaft, intelligent, witzig und glücklich dargestellt wurden. Insgesamt traute sich Agony einige heiße Eisen anzufassen, wie Homosexualität, Drogenmissbrauch, Rassismus, Selbstmord und Kindesentführung. Eine Serie mit dunklen Elementen und Drama, die nichtsdestotrotz mit sehr viel Witz und Charme aufwartete.



4. Eddie Izzard



Edward John Izzard (* 1962) alias Eddie Izzard ist eine englische Komikerin, Schauspielerin und Aktivistin. Sie ist genderfluid, drückte ab 2020 allerdings den Wunsch aus für's Erste nur noch mit "sie/ihr" angesprochen zu werden. Zudem trat sie in der Vergangenheit häufiger als Transvestit in Erscheinung, was auch den fabelhaften Charakter ihrer Bühnenperformances unterstrich. Bekannt sind vor allem ihr Auftritt in Monty Python Live in Aspen, Ocean's 11 & 12 und der berühmte Deathstar Canteen-Sketch.



5. Ncuti Gatwa



Mizero Ncuti Gatwa (* 1992) ist ein schottisch-ruandischer Schauspieler der sei 2019 als homosexueller Schüler Eric Effiong in der Netflix-Serie Sex Education brilliert und aktuell als die fünfzehnte Inkarnation des Doktors in der britischen Science-Fiction-Kultserie Doctor Who vorgesehen ist. Seine Familie entging nur knapp dem Völkermord in Ruanda 1994 und siedelte in Schottland an.

 


#FEEDBACK

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EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.