NEBEN DEN HITS # 2

Jeder kennt sie! Sie sind berühmt, sie sind heiß... aber was machen sie sonst so? Was sind ihre weniger bekannten Projekte?


Coverfoto für das Album ">>>" (2018) von BEAK>







Gyllene Tider




Wer eine Liste der 10 wichtigsten Pop-Rock-Bands der frühen 1990er anfertigt, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an Roxette nicht vorbei kommen. Das schwedische Duo Marie Fredriksson und Per Gessle machte sich unter diesem Namen keineswegs nur mit One-Hit-Wonders beliebt. Zu ihren heute noch gerne gehörten Klassikern zählen Nummern wie "The Look", "Listen To Your Heart", "It Must Have Been Love", "Joyride",  "Sleeping in My Car" und viele mehr. Obwohl immer seltener in den Charts präsent, war Roxette noch lange Jahre aktiv, bis Marie Fredriksson 2019 an den Folgen eines Hirntumors dahinschied.


Wenig bekannt ist, dass Per Gessle bereits seit 1980 als Frontman der Popgruppe Gyllene Tider eine große Nummer in Schweden war. Diese teilten sich erst einen Proberaum, dann ganze Bandmitglieder mit der New Wave-Formation MaMas Barn, in der Marie Fredriksson Keyboard spielte. Sie selbst beteiligte sich bald als Background-Sängerin für Gyllene Tider, ehe sie Gessle anstiftete eine Solokarriere in Angriff zu nehmen, was ihr mit beachtlichem Erfolg gelang. Dennoch arbeitete sie auch weiterhin noch mit Gyllene Tider zusammen, die sich kurzzeitig - um den Sprung in den internationalen Markt zu schaffen - den Namen Roxette zulegten. Ihr Plan ging leider nicht auf, allerdings verwendeten Gessle und Fredriksson den Namen wieder, als sie von EMI Sweden-Geschäftsführer Rolf Nygren angestiftet wurden, es mal als Duo zu versuchen. Der Rest ist bekanntlich Geschichte. 1982 veröffentlichte Gyllene Tider mit "Ingenting av vad du behöver" den ersten Song in Zusammenarbeit mit Marie Fredriksson.










Zatopek




Sven Regener ist Frontman der 1985 in Westberlin gegründeten, nach einem Film von Lars von Trier benannten Rockgruppe
Element of Crime. Dieser gelang in den 1980ern mit rauen, vornehmlich englischsprachigen Songs erste bescheidene Erfolge, bevor sie ab den 1990ern mit mehr lyrischen, deutschsprachigen Lieder so richtig durchstarteten und zu einer DER Indie-Bands für verliebte junge Pärchen wurden. Regener machte sich darüber hinaus einen Namen als Autor, zu seinen bekanntesten Arbeiten zählt hierbei die Herr Lehmann-Reihe samt Drehbuch für die Filmadaption von Leander Haußmann.

Der gebürtige Bremer Regener hatte in den 1970ern bereits im Spielmannszug des Kommunistischen Bunds Westdeutschland weitreichende Erfahrungen als Ensemblemusiker gesammelt, bevor er für ein Studium der Musikwissenschaften nach Hamburg und später nach Westberlin zog, das Anfang der 80er ein Biotop für ausgefallene Bands war. Dort schloss er sich 1982 der Band
Zatopek als Bläser an, einer neunköpfigen Gruppierung die der Neuen Deutschen Welle zugeordnet wurde, obwohl ihre Spielart mehr dem experimentellen Punk und Jazz zuzuordnen war. Im darauffolgenden Jahr veröffentlichte Zatopek ihr gleichnamiges Debütalbum, auf der auch mit "Mord und Totschlag" eine erste Komposition von Sven Regener zu hören ist.  










The Good, the Bad & the Queen




Nach dem
zweiten Gorillaz-Album "Demon Days" (2005) begann Tausendsassa Damon Albarn die Arbeit an einem ersten Soloalbum, das erneut von Danger Mouse produziert werden sollte. Im Sommer des darauffolgenden Jahres entwickelte sich daraus allerdings eine ganze Supergroup die um Gitarrist Simon Tong (The Verve), Bassist Paul Simonon (The Clash) und Schlagzeuger Tony Allen (Fela Kuti) ergänzt wurde. Albarn begegnete Simonon erstmals 1997 auf der Hochzeit von dessen Bandkollegen Joe Strummer. Allen kontaktierte ihn 2000, da er in "Music Is My Radar" von Albarn's Britpop-Kultband Blur erwähnt wurde, für die Tong einsprang, als Graham Coxon die Band 2002 verließ. 2007 veröffentlichten The Good, the Bad & the Queen ihr erstes gleichnamiges Album das Elemente von Art Rock, Funk, Afrobeat, Folk, Dub u.a. in sich vereinte und international auf großes Interesse stieß. Danach wurde es wieder ruhig um das Quartett und Albarn wandte sich wieder anderen Projekten zu, denen sich Tong, Simonon und Allen gelegentlich anschlossen. 2018 kehrten sie endlich mit ihrem zweiten Album "Merrie Land" zurück, das von Tony Visconti produziert wurde, einem langjährigen Weggefährten David Bowie's. 2019 löste sich die Gruppe schließlich auf, Tony Allen verstarb im Frühjahr des darauffolgenden Jahres.










BEAK>




Bristol war Anfang der 90er ein Melting Pot für junge Musikgruppen die auf ihren Turntables an geschmeidigen Beats schraubten, die mit entschleunigten Samples aus dem Hip Hop, Dub, der elektronischen Musik, Soul, Funk, Jazz oder einfach alten Film-Soundtracks herumexperimentierten und einen eigenen Stil kreierten, der für die 1990er und frühen 2000er mindestens genauso stilprägend war, wie Glockenhosen und ausgefallene Frisuren für die 1970er. Zu ihnen gehörten auch die Sängerin Beth Gibbons und Musikproduzent Geoff Barrow, die sich 1991 auf einen Kaffee trafen und kurze Zeit später die Gruppe Portishead gründeten, die heute neben Massive Attack, eine der bekanntesten Bands des Trip Hop ist. Dazu gesellten sich kurze Zeit später Musiker Adrian Utley und Ingenieur Dave McDonald, Letzterer blieb der Gruppe aber nur in ihren Anfängen treu. Portishead veröffentlichte bis dato drei Alben: "Dummy" (1994), das "Portishead" (1998) und "Third" (2008).

Kurz nach ihrem letzten Album gründete Barrow zusammen mit Billy Fuller von
Sensational Space Shifters (einem Projekt von Led Zeppelin-Frontman Robert Plant) und Matt Williams (MXLX, Fairhorns) - der 2016 von Will Young (Moon Gangs) ersetzt wurde - die von Krautrock geprägte, experimentell-elektronische Rockband BEAK>. Ihr gleichnamiges Debütalbum entstand in nur 12 Tagen, wurde mehr oder weniger in einem Guss und ohne große Overdubs produziert und erschien 2009. Dem folgte 2010 eine Tour mit Portishead. Zwischen 2012 - 2018 entstanden drei weitere Alben, ">>" (2012), "Couple in a Hole " (2016) und ">>>" (2018).

 









Electronic




Eine weitere Supergroup die aus einem vormaligen Soloprojekt entstand. Man schrieb das Jahr 1988: Bernard Sumner, Frontman der damals schon zu Weltruhm gelangten Kultband
New Order hatte ein zunehmendes Interesse daran entwickelt Rockmusik mit programmierten Synthesizer-Sounds zu vereinen, wovon seine Kollegen leider weniger begeistert waren. So musste sich Sumner allein ans Werk machen, worauf er eigentlich überhaupt keinen Bock hatte. Er bat The Smiths-Gitarrist Johnny Marr um Hilfe, der vier Jahre zuvor bei einem anderen elektronischen Seitenprojekt namens Quando Quango mitgewirkt hatte, dem Sumner als Produzent diente. Inspiriert von der damals grassierenden Dance music gründete das Duo die Formation Electronic, zu der sich über die Jahre weitere illustre Gäste wie Neil Tennant und Chris Lowe (Pet Shop Boys) sowie Karl Bartos (Kraftwerk) gesellten. Electronic brachte insgesamt drei Alben heraus, von denen die beiden Ersten "Electronic" (1991) und "Raise the Pressure" (1996) eine gewisse Popularität erlangten. Ihr drittes und bis dato letztes Album "Twisted Tenderness" (1999) wurde von der Kritik zwar gut aufgenommen, ging aber im Vergleich ein wenig unter. Electronic hatte sich zu diesem Zeitpunkt mit Dove-Bassist Jimi Goodwin und Black Grape-Schlagzeuger Ged Lynch zu einem Vierergespann entwickelt, großteils vom Synth-Sound der frühen 90er verabschiedet und griff stärker Elemente der gerade aktuellen Strömungen auf.




#FEEDBACK

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EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.