MEHR WEIRDOS AUS DER TUBE

Youtube ist eine, wenn nicht DIE am größten wachsende Internetplattform überhaupt. Klar hätte ich das recherchieren können, aber... shut up! Die Zahl an kreativen Contentkreatoren - oder Kreaturen, je nachdem - übersteigt längst die Zahl an Fingern meiner selbst und der Nachbarschaft. Und keiner von denen hat meines Wissens in einem Sägewerk gearbeitet! Kurzum: Es sind eine ganze Menge. So viele sogar, dass man mitunter dazu tendiert den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen. Zum Glück haben wir für euch wie immer eine kleine Sammlung angelegt, wobei es vor allem mir, dem dicken Chefredakteur und Nachtwächter Peter.W. ein Anliegen war, euch besonders weirde, aber nichtsdestotrotz brillante Exemplare herauszufischen. Viel Vergnügen!





1. Team Turbo




Wer mit dem Kinderprogramm des ORF aufgewachsen ist, ist sicher mit dem dauergrinsenden Kinderbuchautor und Fernsehmoderator Thomas Brezina, wie auch seinem mit allen technischen Raffinessen ausgestattetem Fahrrad Tom Turbo vertraut. Der pädagogisch-fragwürdige Wert der seit 1993 laufenden Sendung wird von ihrem großen Erfolg in der österreichischen Medienlandschaft überschattet. 20 Jahre später haben es sich Georg Rauber, Moritz Stieber und Patrick Howanitz zur Aufgabe gemacht eine Parodie unter dem Titel Tim Turbo zu fabrizieren, die von ihrem anfänglichen sehr trashigen Charakter einen qualitativen Sprung zu zwar immer noch trashig, dafür produktionstechnisch weit besser gemacht hat. Der titelgebende Tim ist in diesem Fall ein Ventilator, der mit dem ausgebrannten Kinderbuchautor Thomas (Moritz Stieber) zusammenlebt. Manchmal kommt der kleine Lukas (Patrick Howanitz) zu Besuch der für ein Kind einen erstaunlichen Bartwuchs hat und immer wieder vom im Keller lebenden Psychopathen Fritzl Fantom (Georg Rauber) entführt wird. Obwohl seit einigen Jahren keine neuen Folgen mehr produziert wurden, verfügt das Team Turbo immer noch über eine solide Fanbase.    






2. Yuris Konstante




Yuris Konstante ist ein meme-basiertes Kunstprojekt von Lukas Neukirchner, welcher HörerInnen des freien wiener Radiosenders Orange 94,0 bereits ein Begriff ist. Zusammen mit Georg Rauber (Team Turbo) produzierte er über viele Jahre hinweg die Improcomedy Karl mit Beistrich bzw. Lang lebe Roland, die auch in Salzburg durch Radio du Grand Mot eine gewisse Bekanntheit erlangte. Als Yuris Konstante trug er schon eine Maske bevor es cool war, bzw zwecks der Corona-Eindämmung notwendig. In seinen Videos spielt er mit Nostalgie, Internetkultur und dem aktuellen politischen Zeitgeschehen.






3. FilmCow




Wer kennt sie nicht? Charlie the Unicorn und Llamas with Hat, die zwei besten Videoreihen seit es Youtube gibt. Umso erstaunlicher ist, dass die übrigen Produktionen aus dem Hause FilmCow nicht annähernd so bekannt sind. Dabei sind sie genauso witzig und brillant, wenn nicht sogar besser. Seien es die beiden Porzellanpuppen Fannie & Earl, die es mit einem Gespenst zu tun bekommen das unsinnige Werbetrailer vor sich hin trällert. Ein Adler namens Detective Heart of America der Fälle für die Polizei löst. Die bizarren Tagebücher eines Mannes der in einem Ghost House festsitzt. Die Liste ist lang, beinhaltet sowohl Animation, Realfilm-Sequenzen, Puppen, Cut outs und vieles mehr. Unzählige Einzelbeiträge und auch ganze Spielfilme bieten stundenlangen Spaß für die nach surrealer Unterhaltung hungernden Lachmuskeln.   





4. Characters Welcome 

 



Characters Welcome ist ein Zusammenschluss junger Bühnenkomiker der sein Zentrum in New York City hat. Wie der Name schon suggeriert stehen dabei das Spiel mit ausgedachten Charakteren und Imitationen bereits existenter Persönlichkeiten im Mittelpunkt. Obwohl schon seit Jahren regelmäßig mit Liveauftritten aktiv, wurde der Youtube-Channel erst 2015 aktiviert. Kreiert wurde die Gruppe von den Autoren Michael Hartney und Justin Tyler.  





5. MsBreezy




Zum Abschluss noch etwas Guilty Pleasure in Form der wirklich charmanten Bree Baugh und ihrer mehr als bezaubernden Entourage. Spaß beiseite, hier handelt es sich um einen Haufen völlig durchgeknallter Holzköpfe, die sich das Spiel Gary's Mod zunutze machen, um ihrer geistig entglittenen Fanbase einige prachial-komische wie erschreckend gruselige Let's Plays um die Nüstern zu pfeffern. Bree Baugh alias MsBreezy begann ihre Karriere auf Youtube 2011 als kuledud3. Sie ist transgender, was sich im Verlauf ihrer Karriere auch in der Veränderung ihrer Stimme und ihres Aussehens widerspiegelte - welches meist dem eines Ponys entspricht. Bree war auch Editorin für den Channel MeatCanyon, bevor sie im Januar 2024 gefeuert wurde. Die Offenlegung ihrer negativen Erfahrungen dort führte zu einer massiven Kontroverse und toxischen Angriffen der Fanbase, welche sie leider dazu bewog ihren eigenen Channel zu löschen.


#FEEDBACK

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EinBlick in die Seele der Gesellschaft: Sebastian Bohrn Mena im Kollektivpodcast In der intimen Atmosphäre des Kollektivpodcasts, einem Raum für tiefgründige Gespräche, die, wie der Name schon andeutet, für die gesamte Menschheit von Belang sein sollen, entfaltete sich ein Dialog von seltener Offenheit und Dringlichkeit. Zu Gast bei Musiker und Host David Pross war der Autor und bekannte TV-Analyst Sebastian Bohrn Mena. Was als Aufwärmrunde über seine ungewöhnliche Kindheit begann, entwickelte sich schnell zu einer messerscharfen Analyse der Zerreißproben, denen unsere moderne Welt ausgesetzt ist. Es war ein Gespräch, das von persönlichen Prägungen zu den größten Problemen der Menschheit führte und dabei die feinen Linien zwischen Psychologie, Politik und dem puren Menschsein nachzeichnete. Am Frühstückstisch der Therapeuten: Eine Kindheit unter dem Zeichen der Reflexion Wie prägt es einen Menschen, wenn beide Eltern Psychotherapeuten sind?. Diese Frage, von Host David Pross fast beiläufig gestellt, öffnete die Tür zu Bohrn Menas innerer Welt. Er erzählte von einer Kindheit, in der das Sprechen über Träume am Frühstückstisch zum Alltag gehörte. "Meine Mutter ist Psychoanalytikerin [...], mein Vater ist Gesprächstherapeut", schilderte er. Diese Konstellation sei als Kind grandios gewesen. Es war ein frühes Training in Selbstreflexion, das ihn lehrte, seine Emotionen zu ergründen und zu verstehen, was Erlebnisse mit ihm machen. Diese Erziehung, so wurde im Gespräch deutlich, ist der Nährboden für jene differenzierte Herangehensweise, die viele an seinen öffentlichen Auftritten schätzen – die Fähigkeit, auch in hitzigen Debatten nicht nur in Schwarz oder Weiß zu denken. "Dieses differenzierte Betrachten von Sachverhalten, von Personen, aber auch von sich selbst, ist eigentlich die Grundbasis dessen, was ich gelernt habe" , resümierte Bohrn Mena, der selbst einen Doktor der Psychotherapiewissenschaften besitzt. Dieses Rüstzeug erweist sich als unschätzbar, wenn er in Fernsehduellen auf politische Gegner trifft, wo es manchmal "sehr emotional, manchmal auch sehr persönlich wird". Besonders bei Themen wie Migration und Rassismus, die durch die Fluchtgeschichte seiner chilenischen Mutter tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt sind, wird die professionelle Distanz zur Herausforderung. "Das triggert was in mir. Das muss ich ganz offen sagen". Er gestand, sich manchmal über sich selbst zu ärgern, wenn er emotional werde, wo er es nicht wollte. Doch er plädierte eindringlich dafür, sich die Menschlichkeit zu bewahren: "Trotzdem glaube ich, ist es wichtig, dass wir Menschen bleiben und das bedeutet, dass wir ehrlich reagieren auf etwas". Der bedrohte Grundkonsens: Ein Plädoyer für die Rettung der Demokratie Vom Persönlichen schlug die Unterhaltung den Bogen zu den großen gesellschaftlichen Verwerfungen. Als größtes Problem unserer Zeit identifizierte Bohrn Mena das systematische Erodieren der Demokratie. Über Jahrzehnte, so seine Analyse, sei den Menschen ein Denken in Konkurrenz und Ellenbogenmentalität eingetrichtert worden , das uns zu Gegnern statt zu Verbündeten mache. Dies höhle den Grundkonsens unserer Gesellschaft aus: die Solidarität und das Prinzip des Miteinanders. "Ich glaube tatsächlich, dass unsere Demokratie angezählt ist" , warnte er mit ernstem Unterton und verwies auf die wachsende Zahl von Menschen, die sich einen "starken Führer" wünschen. Host David Pross warf an dieser Stelle ein, dass es nicht nur ein emotionales, sondern auch ein massives intellektuelles Problem gäbe: eine mangelnde politische Grundbildung. Viele Bürger wüssten nicht einmal, was sie wählten, weil ihnen grundlegende Prinzipien wie die Gewaltentrennung fremd seien. Sein radikaler Vorschlag eines "Wahlführerscheins" stieß bei Bohrn Mena auf offene Ohren für eine Reform, auch wenn er den Hebel woanders ansetzen würde: bei der politischen Bildung, die bereits im Kindergarten beginnen müsse , und bei der Frage, warum man nicht stellvertretend für seine Kinder wählen dürfe, um deren Zukunft mehr Gewicht zu verleihen. Wut als Motor und die Falle des Populismus Einig waren sich beide, dass die Unzufriedenheit vieler Menschen, die "in der Früh hackeln geht und am Abend heimkommt", der Treibstoff für populistische Bewegungen ist. Die FPÖ, so Bohrn Mena, habe es perfektioniert, "der einzige Kanal für Wut in diesem Land" zu sein. Er warnte davor, diese Wut zu negieren, denn sie sei eine "unglaublich mächtige und wertvolle Emotion". Statt die Menschen zu beschwichtigen, müsse man anerkennen: "Du hast recht mit deiner Wut". Die Kunst bestehe darin, diese mobilisierende Kraft für ein gemeinschaftliches Ziel zu kanalisieren, anstatt sie einem "vermeintlich starken Mann" zu überlassen – ein Weg, der historisch betrachtet nicht gut ausgegangen sei. Zukunftsszenarien zwischen KI, Klimakrise und Krieg Das Gespräch navigierte weiter durch die großen Krisenherde der Zukunft. Die künstliche Intelligenz, die, wie Pross aus seiner Perspektive als Musiker schilderte, ganze Berufsfelder zu revolutionieren und zu vernichten droht , sei laut Bohrn Mena nur zu bewältigen, wenn die Politik dafür sorgt, dass die gigantischen Gewinne der Tech-Konzerne der Gemeinschaft zugutekommen. Es sei ein Verteilungsproblem , das sich auch in der Geringschätzung von unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen geleistet wird, zeige. Als weiteres existenzielles Megathema benannte er den Wert der Natur. Unser Wirtschaftssystem, das einem Baum erst dann einen Wert zubilligt, wenn man ihn umhackt, führe geradewegs in die Katastrophe. Wir müssten verstehen, "dass wir ein Bestandteil der Natur sind" und ihr wieder Raum geben. Den düsteren Abschluss bildete das Thema Krieg, das alle anderen Krisen wie unter einem Brennglas bündelt. Hier zeigte sich auch der einzige klare Dissens zwischen den Gesprächspartnern. Während Bohrn Mena leidenschaftlich argumentierte, dass es aus pazifistischer Sicht feige sei, einem überfallenen Volk wie der Ukraine die Waffen zur Selbstverteidigung zu verweigern , äußerte Pross sein tiefes Unverständnis darüber, wie Waffenlieferungen je eine Lösung für Krieg sein könnten. Es war ein Moment, der die ganze Komplexität und die moralischen Zwickmühlen unserer Zeit offenbarte. Das Gespräch im Kollektivpodcast war mehr als nur ein Interview. Es war eine gemeinsame, schonungslose Bestandsaufnahme, die den Zuhörer nachdenklich und mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Rettung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Krisen bei jedem Einzelnen und im gemeinschaftlichen Handeln beginnen. Eine Einladung, nicht wegzusehen, sondern sich einzumischen – und sich vielleicht die ganze, faszinierende Tiefe dieses Dialogs im Podcast selbst anzuhören.